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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 13.1897-1898

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Schumacher, Fritz: Zum Kampf ums Kunstgewerbe: eine Plauderei
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https://doi.org/10.11588/diglit.12047#0452

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von Fritz Schumacher.

ZS7

Bildnisbüste. Hermann Lang 5ec.

Berliner Kunstausstellung 1898.

solche Formen wahrscheinlich immer noch, entgegnete der
Journalist.

Wenn sich's nur darum handelte, das zu übertreffen,
lohnte sich's kaum, so lang zu reden. Es handelt sich
um Wichtigeres, nämlich darum, daß gesunde, kräftige
Anläufe, die heute gemacht werden, nicht durch den Zug
des Gesuchten, den man so oft „individuell" nennt, mit
hereingerissen werden in eine verderbliche Uebertreibung;
daß das Natürliche, was sich anbahnt, nicht verloren
geht unter der Mache, und daß das Publikum nicht aus
Abneigung gegen das Extreme die gesunden Triebe mit
den Treibhauskeimen indentifiziert und sie alle zusammen
eingehen läßt. Kurz, daß wir nicht anstatt aus gesunden
Anschauungen und guten Vorbildern zu einem echten,
eigenen Besitz zu gelangen, aus Uebereifer nur einer
neuen Mode in die Arme laufen.

Die Besorgnis mag etwas Berechtigtes haben, sagte
der Philosoph, aber deshalb den Malern die Hände
binden zu wollen, scheint mir doch etwas weit zu gehen.

Gott behüte! Wenn man sagt, seitwärts vom Wege
ist ein Sumpf, sagt man doch nicht, der Weg ist unbe-
tretbar. Man soll nur die Gefahr erkennen. Es ist
ja so naturgemäß, daß der Maler, wenn er kunstgewerb-
lich schafft, vor allem die Schmuckform betont, die ihn
auf dieses Gebiet herüberlockte; da soll er nicht im Be-
streben, den Nachbarn zu überbieten, manieriert werden,
und da soll er nicht vergessen, daß er etwas Wertvolles
nur auf dem Boden des Handwerks schaffen kann. Dazu
aber bedarf es einer neuen Schulung, die gelernt sein
will. Der Maler darf sich nicht mehr als Maler fühlen,
er muß schaffen im engsten Zusammenhang mit der
Architektur. Nur. aus diesem Zusammenhang mit der
Architektur kann etwas Dauerndes entstehen; überall aber
ist Dilettieren leichter und ungefährlicher, wie in der
Machtsphäre des Architekten.

Aha! aha! — da kommt der Fuchs zum Loch

heraus. Die Architektur also, die muß den Heiland
machen! schmunzelte der Philosoph.

Daher die Aufregung! Sie fühlen sich in Ihren
Rechten gekränkt! spottete der Journalist.

Vorzüglich, ganz vorzüglich! Genau wie bei den
Gegnern des Mädchengymnasiums : Furcht vor Konkurrenz!
Das also ist's! —- rief die Kunstenthusiastin.

Ich scheine Ihnen eine große Freude zu bereiten,
meinte der Architekt. Im ernsthaften Gespräch kenne ich
die Salonhöflichkeit nicht, die immer sagt: „Bitte nach
Ihnen!" — Wenn man wahr ist, spricht man seltsamer-
weise immer für das, was man handelnd vertritt; es
kommt nur darauf an, welche Motive dabei leiten.

Ach ja, ach ja! riefen alle. Nun wissen wir's.
?ro clorno, pro ckoino!

. Und keiner achtete mehr ernsthaft auf die Gründe
des Architekten.

—Gedanken. -

Kunst und Wissenschaft sind in äußeren Beziehungen und
in der Methodik der Arbeit sehr verschiedene Gebiete; sonst muß
ich doch sagen, daß ich von der tiefen, inneren Verwandtschaft
von Kunst und Wissenschaft überzeugt bin. Auch die Kunst
sucht uns Wahrheit zu verkünden, psychologische Wahrheiten,
wenn auch in ganz anderer Form, in der Form sinnlicher Er-
scheinungen und nicht des Begriffes. Aber schließlich wird sich
bei vollendeter Erscheinung ja auch die begriffliche Fassung finden
müssen, und beide werden schließlich vereint Zusammenwirken.

Helmboltz.

Fülöp taszlo piux.

Bildnis des Großberzogs
Alexander von Sachsen-Weimar.

Berliner Kunstausstellung 1898.

Nach einer jDhorogravüre aus dem Verlage von G. Heuer L Kirmse in Berlin.
 
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