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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 15.1899/​1900

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Habich, Georg: Friedrich August von Kaulbach, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12046#0020

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F. A. VON KAULBACH <&2~*~

Skylla der Gleichförmigkeit ebenso zu ver- hier kennen. „Odi profanum volgus et arceo",
meiden, wie die Charybdis der Gesuchtheit. das ist das Motto auch seiner Porträtkunst. Ge-
Und mehr als dies ist ihm die Willkür ver- meinem, Alltäglichem, Trivialem geht er aus
hasst. dem Weg. Seiner Ansicht nach giebt es auch

Mit sicherem Takt beachtet er weiter die heute noch genug Schönheit unter der Sonne,
Schwelle, über die man gerade in neuester um ein Leben damit auszufüllen. Gewählt wie
Zeit so manchen tagtäglich stolpern sieht, seine künstlerische Ausdrucksweise, ist auch
die Schwelle zwischen Bild und Dekoration. der Kreis seiner Darstellung. Nur das Noble,
Wiewohl bei der harmonischen Ausgeglichen- Erlesene, Exquisite macht seine Freude aus,
heit seines Kolorits kaum eines seiner Werke und doch meidet er streng die Grenze einer
die schmückende Wirkung, die sogar bis zum überfeinerten, überreizten Aesthesie; nie ver-
Effektvollen sich steigern kann, versagt, so fällt er dem Geschmack der Uebersättigten,
sind seine Bilder von den reizvollen deko- in die Sphäre des Excentrischen, Bizarren,
rativen Entwürfen, in denen er sich dann welche berühmte Matadoren unter den Damen-
und wann versucht, scharf getrennt durch malern, wie Alexander, Sargent u. A. keines-
ihre räumliche Vertiefungen welcherFarbe und wegs immer gemieden haben. Die schlaffe
Beleuchtung, Zeichnung und kompositionelle Müdigkeit der Sinne, die dem Dekadenten
Kunstgriffe gleichen Anteil haben. Nament- eigen, berücksichtigt er nicht, dazu war die
lieh beachte man hier die geistreich-unauf- Schule bei den Alten zu streng: jenes moderne
fällige Manier, wie er der dargestellten Figur Raffinement, mit wenigen Halbtönen, von
freien Raum schafft, indem er sie linear, sei denen ein weissliches Grau und grauliches
es durch eine Teppichbordüre, durch ein Schwarz noch die stärksten und ein auf Grau
architektonisches Glied des Hintergrundes, oder gesetztes Rosa die beliebtesten, weil von
durch die Schleppe des Kleides mit dem Velasquez billigst zu beziehende Tonwerte
Rahmen verbindet, und so aufs ungezwungenste sind, die ermatteten Nerven zu streicheln,
eine perspektivische Linie herstellt, die das oder den lebendigen Umriss für das müde
Auge in die Tiefe leitet. Auge zum Ornament zusammen zu schneiden

Ganz anders bei seinen Flächen-
dekorationen. Hier erhebt zunächst
ein vornehm gedämpfter Gobelin-
ton, der sich von der Koloristik
seiner Staffeleibilder wesentlich
unterscheidet, die Darstellung in
eine abstrakte Sphäre. Die zu de-
korierende Fläche soll nicht durch-
brochen, sondern angenehm ver-
kleidet werden, daher die weiche,
einheitliche, weniger mit Farben-
effekten als mit Tonwerten arbei-
tende Malerei. Kompositioneil ist
Kaulbach ebensowohl die orna-
mentale Symmetrie wie der chike
Wurf des zufälligen Naturaus-
schnitts geläufig; die beiden Ent-
würfe (vgl. Abb. a. S. 1 u. 44) sind
sprechende Beispiele dafür, ihren
eigentlichen Wert erhalten die-
selben aber erst durch die ge-
dämpften Valeurs der farbigen
Behandlung.

Indessen wird man, um Kaul-
bach's eigentlichem Wesen als
Künstler und Mensch näher zu
kommen, immer wieder zu seinen
Frauenbildnissen zurückkehren
müssen. Kaulbach, den Aristo-
kraten in dem demokratischen

Völkchen der Künstler, lernt man der vater des Künstlers

Die Kunst für Alle XV.

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