Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 15.1899/1900
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https://doi.org/10.11588/diglit.12046#0329
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Voll, Karl: Die Kunst und die Lex Heinze
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D
ARNOLD BOCKLIN DICHTUNG UND MALEREI
DIE KUNST UND DIE LEX HEINZE
„Mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu
600 M. wird bestraft, wer Schriften, Abbildungen oder Darstellungen, welche,
ohne unzüchtig zu sein, das Schamgefühl gröblich verletzen, einer Person
unter achtzehn Jahren gegen Entgelt überlässt oder anbietet oder zu ge-
schäftlichen Zwecken oder in der Absicht, das Schamgefühl zu verletzen,
an öffentlichen Strassen, -Plätzen oder anderen Orten, die dem öffentlichen
Verkehr dienen, in ärgerniserregender Weise ausstellt oder anschlägt.'1
(Nachdruck verboten)
ie deutsche Reichsgesetzgebung sucht schon dacht sind oder nicht, das ist eine Sache für
lange nach noch wirksameren Mitteln als sich; kein Zweifel aber scheint mir darüber
sie bis jetzt anwendet, um den allerdings möglich, dass es höchst sonderbar berühren
sehr schweren gesellschaftlichen Leiden zu muss, unter den Bestimmungen, die sich mit
steuern, die sich aus dem ungeregelten Ver- Dirnen, Kupplern und anderen Vertretern der
kehr der beiden Geschlechter ergeben. Diebe- niedrigsten Gesellschaftsklassen beschäftigen,
kannte lex Heinze soll diesem Zwecke dienen. plötzlich auch einige zu finden, die den wahren
Ob nun ihre Paragraphen über Prostitution Fürsten der Menschheit: den Dichtern und
und ähnliche soziale Gebresten glücklich er- Künstlern gelten. Diese Zusammenstellung
Die Kunst fdr Alle XV 14 15. April 1900.
313
40
ARNOLD BOCKLIN DICHTUNG UND MALEREI
DIE KUNST UND DIE LEX HEINZE
„Mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu
600 M. wird bestraft, wer Schriften, Abbildungen oder Darstellungen, welche,
ohne unzüchtig zu sein, das Schamgefühl gröblich verletzen, einer Person
unter achtzehn Jahren gegen Entgelt überlässt oder anbietet oder zu ge-
schäftlichen Zwecken oder in der Absicht, das Schamgefühl zu verletzen,
an öffentlichen Strassen, -Plätzen oder anderen Orten, die dem öffentlichen
Verkehr dienen, in ärgerniserregender Weise ausstellt oder anschlägt.'1
(Nachdruck verboten)
ie deutsche Reichsgesetzgebung sucht schon dacht sind oder nicht, das ist eine Sache für
lange nach noch wirksameren Mitteln als sich; kein Zweifel aber scheint mir darüber
sie bis jetzt anwendet, um den allerdings möglich, dass es höchst sonderbar berühren
sehr schweren gesellschaftlichen Leiden zu muss, unter den Bestimmungen, die sich mit
steuern, die sich aus dem ungeregelten Ver- Dirnen, Kupplern und anderen Vertretern der
kehr der beiden Geschlechter ergeben. Diebe- niedrigsten Gesellschaftsklassen beschäftigen,
kannte lex Heinze soll diesem Zwecke dienen. plötzlich auch einige zu finden, die den wahren
Ob nun ihre Paragraphen über Prostitution Fürsten der Menschheit: den Dichtern und
und ähnliche soziale Gebresten glücklich er- Künstlern gelten. Diese Zusammenstellung
Die Kunst fdr Alle XV 14 15. April 1900.
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