-a-4Ö> EDUARD MANET <ö£=»-
Endlich erwähnen wir noch ein solid ge-
maltes Bildnis von Rhein, bei dem, wie auch
bei den Sachen von Püttner und Münzer,
nur die allzu ausgiebige Verwendung von
dickem Mastix-Firnis störend auffällt, und
ferner das hübsche Kinderporträt von Höfer
(s. S. 80), das äusserlich in Farbe und Arrange-
ment ein wenig an englische Vorbilder ge-
mahnt, jedoch in der Hauptsache, in der
Charakteristik nämlich, so individuell liebens-
würdig und lebendig wirkt, dass man darüber
das Aeusserliche gern übersieht.
Zum Schlüsse sei dem Wunsche Aus-
druck verliehen, das hier gegebene Beispiel
eines Zusammenschlusses gleich strebender
Kräfte möchte nicht ohne Nachfolge bleiben.
Unserem Ausstellungswesen kann eine solche,
von wirklich künstlerischen Absichten ge-
leitete Neigung zur Sonderbündelei nur zum
Vorteil gereichen. Nur so kann dem ver-
wirrenden Eindruck unserer grossen Kunst-
märkte vorgebeugt und Klarheit in die künst-
lerischen Absichten der verschiedenen Rich-
tungen gebracht werden; Klarheit aber bildet
die erste Vorbedingung für gerechte Wür-
digung und Anerkennung. Dr. G. H-ch. fritz rhein bildnis
DIE STELLUNG EDUARD MANET'S
Von J. Meier-Graefe
(Nachdruck verboten)
Es ist noch gar nicht so lange her, dass Die Liebhaber der zweiten Hälfte unseres
Manet auf dem Kunstmarkt eine Rolle Jahrhunderts haben nachgeholt, was die erste
spielt. Noch vor vier, fünf Jahren wurde Hälfte versäumt hatte. In der alten und in
er im Preise von Pariser Eintagsgrössen über- der neuen Kunst wurden die Werke eingehend
boten; für einige Hunderte konnte man sehr kontrolliert; nachdem man einem Rembrandt,
schöne kleinere Sachen kaufen, die heute mit einem van der Meer van Delft, ebenso wie
Tausenden bezahlt werden. Der Umschwung den Frühitalienern, ebenso wie den verkannten
kam plötzlich und zwar von Deutschland, zu- Japanern, ja allen überkommenen Gütern der
mal Berlin war nicht wenig daran beteiligt, ganzen Welt zum Recht verholfen hatte, er-
Dort, wie in Paris, wo sich einige Händler innerte man sich auch des Nächstliegenden,
mit grossem Geschick ins Zeug legten, stiegen der grossen Meister unserer Zeit. Es war
plötzlich die Preise ins Fabelhafte; grössere nicht lediglich Spekulation schlauer Händler,
Sachen erzielten 100000 Francs und mehr, nicht lediglich Mode; mit einigem guten
und die kleinste Skizze von Manet hat heute Willen kann man in dieser Rehabilitation in
den Wert, den man dem Künstler zu Leb- grossen Umrissen eine Methode erkennen,
zeiten für seine schönsten Gemälde versagte, den Spürsinn eines nicht geringen Geistes,
Man kann sich nicht der Bitterkeit erwehren, der das suchte, was unserer Kunst, unseren
wenn man die rührende Korrespondenz Sinnen besonders zuzusagen, ja notwendig
zwischen dem Helfer der Impressionisten, schien. Man that im Grunde nichts anderes,
dem Händler Duret, und Manet und Sisley als was die Künstler Jahrzehnte vorher gethan
durchliest, die vor kurzem die „Revue hatten, man pilgerte zu den Quellen, die die
Blanche" veröffentlichte. Darin wird unter Künstler zuerst wieder entdeckt hatten, und
anderem von einem wohlthätigen Mäcen be- es war nur folgerichtig, dass man bei diesem
richtet, der die Güte hatte, ein Gemälde von Weg schliesslich auch die Entdecker finden
Manet für 300 Frcs., dreissig Gemälde von musste. Sehr oft ging es auch umgekehrt,
Sisley für 3000 Frcs. und Monet's zu ähn- gerade bei Whistler zum Beispiel kannte
liehen Preisen zu erwerben. man den Nachkommen eher als die Ahnen.
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Endlich erwähnen wir noch ein solid ge-
maltes Bildnis von Rhein, bei dem, wie auch
bei den Sachen von Püttner und Münzer,
nur die allzu ausgiebige Verwendung von
dickem Mastix-Firnis störend auffällt, und
ferner das hübsche Kinderporträt von Höfer
(s. S. 80), das äusserlich in Farbe und Arrange-
ment ein wenig an englische Vorbilder ge-
mahnt, jedoch in der Hauptsache, in der
Charakteristik nämlich, so individuell liebens-
würdig und lebendig wirkt, dass man darüber
das Aeusserliche gern übersieht.
Zum Schlüsse sei dem Wunsche Aus-
druck verliehen, das hier gegebene Beispiel
eines Zusammenschlusses gleich strebender
Kräfte möchte nicht ohne Nachfolge bleiben.
Unserem Ausstellungswesen kann eine solche,
von wirklich künstlerischen Absichten ge-
leitete Neigung zur Sonderbündelei nur zum
Vorteil gereichen. Nur so kann dem ver-
wirrenden Eindruck unserer grossen Kunst-
märkte vorgebeugt und Klarheit in die künst-
lerischen Absichten der verschiedenen Rich-
tungen gebracht werden; Klarheit aber bildet
die erste Vorbedingung für gerechte Wür-
digung und Anerkennung. Dr. G. H-ch. fritz rhein bildnis
DIE STELLUNG EDUARD MANET'S
Von J. Meier-Graefe
(Nachdruck verboten)
Es ist noch gar nicht so lange her, dass Die Liebhaber der zweiten Hälfte unseres
Manet auf dem Kunstmarkt eine Rolle Jahrhunderts haben nachgeholt, was die erste
spielt. Noch vor vier, fünf Jahren wurde Hälfte versäumt hatte. In der alten und in
er im Preise von Pariser Eintagsgrössen über- der neuen Kunst wurden die Werke eingehend
boten; für einige Hunderte konnte man sehr kontrolliert; nachdem man einem Rembrandt,
schöne kleinere Sachen kaufen, die heute mit einem van der Meer van Delft, ebenso wie
Tausenden bezahlt werden. Der Umschwung den Frühitalienern, ebenso wie den verkannten
kam plötzlich und zwar von Deutschland, zu- Japanern, ja allen überkommenen Gütern der
mal Berlin war nicht wenig daran beteiligt, ganzen Welt zum Recht verholfen hatte, er-
Dort, wie in Paris, wo sich einige Händler innerte man sich auch des Nächstliegenden,
mit grossem Geschick ins Zeug legten, stiegen der grossen Meister unserer Zeit. Es war
plötzlich die Preise ins Fabelhafte; grössere nicht lediglich Spekulation schlauer Händler,
Sachen erzielten 100000 Francs und mehr, nicht lediglich Mode; mit einigem guten
und die kleinste Skizze von Manet hat heute Willen kann man in dieser Rehabilitation in
den Wert, den man dem Künstler zu Leb- grossen Umrissen eine Methode erkennen,
zeiten für seine schönsten Gemälde versagte, den Spürsinn eines nicht geringen Geistes,
Man kann sich nicht der Bitterkeit erwehren, der das suchte, was unserer Kunst, unseren
wenn man die rührende Korrespondenz Sinnen besonders zuzusagen, ja notwendig
zwischen dem Helfer der Impressionisten, schien. Man that im Grunde nichts anderes,
dem Händler Duret, und Manet und Sisley als was die Künstler Jahrzehnte vorher gethan
durchliest, die vor kurzem die „Revue hatten, man pilgerte zu den Quellen, die die
Blanche" veröffentlichte. Darin wird unter Künstler zuerst wieder entdeckt hatten, und
anderem von einem wohlthätigen Mäcen be- es war nur folgerichtig, dass man bei diesem
richtet, der die Güte hatte, ein Gemälde von Weg schliesslich auch die Entdecker finden
Manet für 300 Frcs., dreissig Gemälde von musste. Sehr oft ging es auch umgekehrt,
Sisley für 3000 Frcs. und Monet's zu ähn- gerade bei Whistler zum Beispiel kannte
liehen Preisen zu erwerben. man den Nachkommen eher als die Ahnen.
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