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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 15.1899/​1900

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Habich, Georg: Friedrich August von Kaulbach, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12046#0037

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FÄCHER»)

FRIEDRICH AUGUST VON KAULBACH

Von Dr. Georg Habich

(SchlllSS) (Nachdruck verboten)

Kaulbach ist Aristokrat auch in Be- Novellen, deren Wert und Anziehungskraftnicht
Ziehung auf Auffassung, im Herausstellen im Was, sondern im Wie, nicht im Geschehnis,
des inneren Lebens. Zu sehr Künstler, sondern in der Darstellung liegt. Und wollte
um am wissenschaftlich-kritischen Zergliedern man aus dem Reich der neueren Dichtung
Interesse zu nehmen, kennt und liebt er eine unsern Künstlern wahlverwandte Er-
vielmehr den Reiz des Rätselhaften und scheinung nennen, so könnte es kein Ge-
Ahnungsvollen, spürt die suggestive Anzieh-
ungskraft des Halbverborgenen im Wesen der
Frauen zu fein, um das zarte Gewebe der
seelischen Bezüge aufzulösen und jeden Faden
platt aufzuzeigen. Das verschleierte Auge,
die beschattete Stirn, der leidende Mund, die
Leidenschaftlichkeit der Nüstern — er ver-
steht ihre stumme Sprache und weiss ihr
Geheimnis zu deuten, aber er deckt das Ver-
schwiegene nicht auf, zu nobel, zu delikat,
um sich an einer zufälligen Blosse zu weiden.
Diese innere Noblesse erlaubt es ihm anderer-
seits ungestraft, selbst beim Porträt mehr von
der Schönheit eines Frauenkörpers zu zeigen,
als die alte Hofmeisterin Konvenienz eigent-
lich wohl zulässt, denn unter seiner Hand
wird das Nackte nicht zur Blosse, denn die
Entblössung ist hier ein reines Fest der
Schönheit, bei dem die Unschuld zu Gast
weilt.

Kaulbach kennt die Grenzen seiner Kunst
zu genau, um je in den breiten Ton der
Erzählung zu verfallen, nichtsdestoweniger
haben seine Frauenköpfe bisweilen das Inter-

esse einer Novelle, einer von jenen guten bildnisstudie

*) Sämtliche Illustrationen dieses Heftes sind, wenn nicht anders bezeichnet, Wiedergaben nach Werken Fr. Aug. von Kaulbachs.

Die Kunst für Alle XV. 2. 15. Oktober 1899.

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