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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 15.1899/​1900

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Fitger, Arthur: Aus meinem Leben, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12046#0047

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«s-5^> A. FITGER. AUS MEINEM LEBEN

Lithographiesteine und dergl. abzuweisen und
mein erster Auftrag war das Porträt eines
fast unmittelbar nach der Geburt gestorbenen
Kindes. Gleichzeitig jedoch entschloss sich
eine wohlwollende Familie, um mir für den
Anfang eine Chance zu geben, ihre drei
Kinder als Gruppenporträt malen zu lassen.
Das denkbar Schwerste als Chance für den
Anfang! Porträt war nicht mein Fach; im
Gegenteil! Vollends Kinderporträt, vollends
Gruppe von Kindern, und dann die unver-
meidliche Assistenz nicht nur der Eltern,
auch der Tanten, der Wärterinnen, der Kunst-
freunde! Die Götter mögen wissen, wie es
möglich war, auch nur etwas halbwegs Accep-
tables zu liefern, wenn nicht die Güte und
Nachsicht meiner Auftraggeber sich schliess-
lich des Angstschweisses des armen Malers
erbarmt hätte. Eine zweite ähnliche Aufgabe
trat fast zu derselben Zeit an mich heran,
ein grosses Familienporträt von etwa zehn
ganzen, lebensgrossen Figuren, so gross, dass
ich es in meinem kleinen Atelier nur in der
Diagonale postieren und mit den Modellen
der darzustellenden Personen mich nur mit
Mühe vor die Leinewand

f. a. v. kaulbach

f. a. v. kaulbach studie

.wängen konnte; von Zurücktreten und Ueberblick keine Rede.

Diese und andere Leistungen entbehrten jeg-
licher Bedingung einer Möglichkeit; allein
ich wurde nicht müde, mit dem Kopfe gegen
die Wand zu rennen; die Leute erkannten
meinen redlichen Willen und nahmen schliess-
lich vorlieb mit dem, was sie bekamen, ge-
wiss mehr aus Gutmütigkeit als aus Be-
friedigung. Dennoch sollte gerade die Klein-
heit meines Ateliers der wichtigste Anlass
zu baldiger und gründlicher Verbesserung
meiner Lage werden.

Ich hatte beim Ausbruch des Krieges in
der unbeschreiblichen Erregung jener Tage
eine Kohlenzeichnung improvisiert: „Barba-
rossas Erwachen im Kyffhäuser", eine figuren-
reiche Komposition ohne Modell-, ohneWaffen-
und Kostümstudien von einer technisch seit
je sehr ungeschickten Hand in wenigen Tagen
hingeworfen — man kann denken, was für
ein Opus das gewesen ist; allein im Schau-
fenster einer Kunsthandlung ausgestellt und
alsbald zum Besten der Verwundeten ver-
kauft, erweckte das Blatt weit und breit die
freundlichste Teilnahme, eine edle Dame in
Bayern bestellte sogar eine Wiederholung, es
wurde bei patriotischen Festen als lebendes
Bild gestellt, erschien in einem illustrierten
Blatte u. s. w. Der Kreis meiner Gönner
und Gönnerinnen vergrösserte sich erheblich,
und als eines Tages einige Damen mich in
meinem Atelier besuchten und wahrnahmen,
studie dass ich einen etwa 5 m langen Fries, den

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