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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 15.1899/​1900

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Meyer-Waldeck, Kunz: Arthur Fitger's malerische Schöpfungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.12046#0150

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-^Ö> A. FITGER'S MALERISCHE SCHÖPFUNGEN

Ebenholz, der goldige Ton des Gewandes der
Heiligen, das ist alles so fein und vornehm
zusammengestimmt und macht einen so har-
monischen Eindruck, dass man sich nur
schwer von diesem ungetrübten Kunstgenuss
trennen kann. Die ein wenig an die Vene-
tianer erinnernde Gestalt der heiligen Cäcilie
ist ein Meisterwerk, von dem mit vollem
Recht ein hoher fürstlicher Kunst-Kenner
äusserte: „Wenn er nur diese eine Figur
gemalt hätte, wäre er ein grosser Künstler."
Zwei Deckengemälde („Morgen" und „Abend")
vervollständigen die malerische Ausschmück-
ung dieses prächtigen Repräsentationsraumes.

Dass bei dieser vielseitigen, umfangreichen
Thätigkeit Fitger's nicht jeder Strich von
seinem Pinsel stammen kann, ist selbstver-
ständlich, und es ist ganz im Sinne von
Fitger's nobler Natur, dass es hier erwähnt
wird, wie treu ein jüngerer Bremer Künstler,
Heinrich Fette, ihm schon seit längeren
Jahren mit seiner Kunst zur Seite steht.
Daneben auch mit eigenen Arbeiten beschäf-
tigt, ist Fette der ständige Freund und Mit-
arbeiter im Atelier Fitger's, der mit grossem
Verständnis den Spuren von Fitger's Kunst
folgt und sie begleitet. Während aber H.
Fette schon nach einigen Studien an der
Münchener Akademie in den Bannkreis Fit-

a. fitger studie

a. fitger studie

ger's trat, hat sich zu ihm seit einigen Jahren
noch ein junger, talentvoller Holländer ge-
sellt, Corn. Jetses, der als Lithograph aus-
gebildet, vor einigen Jahren auf Fitger's
Veranlassung sich zum erstenmale schüchtern
mit Leinwand und Farbe versuchte. Es wäre
ungerecht gegen Fitger, wenn man uner-
wähnt lassen würde, in welch überraschender
Weise sich hier sein Einfluss geltend gemacht
hat. Aus dem peinlich gewissenhaften Litho-
graphen ist in einigen Jahren ein freier
Künstler geworden, der mit sicherem Strich
und breitem Pinsel den Wegen seines Meisters
folgt. Hier zeigt sich ein überraschendes
Resultat der Lehrbegabung oder überhaupt
der Begabung Fitger's, die das Gute er-
kennend, es mit sich fortreisst zu immer
höheren Höhn. Möge es den beiden genannten
jungen Künstlern noch lange beschieden sein,
im anregenden Verkehr mit Fitger in der
Nähe der Flamme seines Geistes zu weilen,
sich nicht an ihr versengend, im Genüsse
ihres Lichtes und ihrer Wärme im eigenen
Boden zu wachsen und zu gedeihen und
schliesslich eigene schöne Blüten zu treiben.
Quod Jupiter bene vertat.

Kunz Meyer

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