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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 15.1899/​1900

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Gronau, Georg: Englische Porträts
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https://doi.org/10.11588/diglit.12046#0166

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-=^Ö> ENGLISCHE PORTRATS

von dieser zum Studienkopf führt ein nur
kurzer Weg. Nicht immer ist zu sagen, wo
das Gebiet des einen anfängt. In England,
wo das grosse Publikum vielleicht mehr als
in einem andern Land der Welt auf dem
Standpunkt steht, dass ein hübscher Kopf,
der recht sauber gemalt ist, ein Kunstwerk be-
deutet — für diese Art hört man den ständig
wiederkehrenden Ausruf „awfully pretty" —
wird sich der weibliche Studienkopf einer
besonderen Beliebtheit erfreuen. Auch die
Schotten haben dem Moloch dieser heimat-
lichen Schwärmerei geopfert — allerdings
ohne dabei ganz ausser acht zu lassen, was
sonst ihr künstlerisches Streben so hoch stellt.

Auf dem Grenzgebiet zwischen Porträt und
Genrebild hält sich das Bildnis des kleinen
Mädchens von Francis H. Newbery, das der
Untertitel „Ein blaues Augenpaar" fast auf das
Niveau sehr banaler, aber daher beliebter
Lieder herabdrückt, die für eine Saison in
aller Munde sind. Uebrigens hat das Harmlos-
Liebenswürdige, wenn es malerisch gut ist,
ja auch seine Berechtigung in der Kunst —
nur nicht jene alleinige und ausschliessliche,
die oft dafür gefordert wird.

Wie die Art der Schotten dann weiter ge-
wirkt hat und das englische Porträt überhaupt
umzugestalten scheint, gehört der unmittel-
baren Gegenwart an und lässt sich noch nicht
übersehen. Als Beispiel kann das Damen-
bildnis von Maurice Greiffenhagen dienen.
Schliesslich spiegelt sich ja auch auf diesem
einen Gebiet der Malerei dann die Bewegung
wieder, die das grosse Ganze umgestaltet
hat: wieder soll die Farbe, das Kolorit die
Herrschaft antreten, von der sie allzulange
vertrieben gewesen ist.

APHORISMEN

Dem Ringenden nur tage hienieden

Stets der Verheissung Morgenrot;

Bist du erst mit dir selbst zufrieden,

So ist dein bestes Schaffen tot.

M A. Stier.

Das Publikum gleicht einem Lindwurm, der von
früh bis spät gefüttert wird. Trotzdem er keinen
Hunger mehr hat, werden ihm unter allerlei Schmei-
cheleien immer neue Speisen vorgeworfen. Verächt-
lich blickt er auf dieselben hin, ohne sie zu be-
rühren. Nur bei ganz neuartig raffinierten Lecker-
bissen lässt er sich allenfalls noch herbei, hie und
da h ineinzubeissen. Raudner.

LORENZ ALMA TADEMA

MRS. ROVi LAND HILL MIT IHREN KINDERN

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