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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 15.1899/​1900

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Tahi, Anton: Karl Lotz
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https://doi.org/10.11588/diglit.12046#0219

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Figuren der Malerei, der Poesie und des die
Phantasie erleuchtenden Genius a. S. 207
bringen. Ueberall sehen wir die heroische
Auffassung und rahl'sche Formensprache.

Doch bald streift der für die antike Kunst
unendlich begeisterte Künstler die Formen-
gebung seines Meisters ab, er wird indivi-
dueller und behält als Erbteil seines Lehrers
nur mehr dessen Verehrung für die Formen
und Farbenwelt der Renaissance. Um diese
Zeit entstand der Plafond im Zuschauerräume
der Königl. Ungarischen Oper in Budapest.
Es ist dies eines der bedeutendsten Werke
des Künstlers und vielleicht die glänzendste
Probe seiner Gestaltungskraft. Der Gegen-
stand dieses Bildes ist der Olymp. Die Figur
Apollos (vergl. Abb. a. S. 206) nimmt der
Bedeutung der Oper entsprechend den Haupt-
platz ein, und in fröhlichem Reigen schliesst
sich die heitere Welt der griechischen Mythe,
auf Wolken thronend oder im Aether schwe-
bend, an. All diese Gruppen sind mit den
in der Musik herrschenden Grundstimmungen
nach ihren symbolisch ausgedrückten Eigen-
schaften in geistvoller und erfindungsreicher
Weise verknüpft; so die Gruppe Apollos
selbst als Führer der Musen und ewiger
Bronnen der Begeisterung, Jupiter das Ho-
heitsvolle symbolisierend, Bacchus und seine
Gruppe das sinnlich Heitere, die Gruppe
Plutos mit den Parzen das Schauerliche,

Trauernde. Dasselbe Stoffgebiet bearbeitete
Lötz in den Deckengemälden, welche er
für den Grafen Stefan Kärolyi und Baron
Alb. Wodianer ausführte. Bei dem Plafond
im Palais Kärolyi (S. 205) ist es schwer zu
entscheiden, was bei diesem Werke anzieh-
ender ist; ist es die meisterhafte Raumein-
teilung, ist es das der Antike nahe kommende
Formgefühl oder ist es der harmonische Klang
der Farbe. — Dieselben Eigenschaften weist
auch das oben abgebildete Deckengemälde
bei Baron Wodianer auf welches die Künste
darstellt; einerseits Musik, Tanz und Bühne,
andrerseits Poesie und die bildenden Künste,
beide Gruppen vereint durch den Genius
des Ruhmes. Ernstere Aufgaben hatte Lötz
im Prunksaal der Akademie der Wissen-
schaften zu lösen; es sind dies Allegorien
einzelner Wissenschaften und die bedeu-
tendsten Momente aus der wissenschaft-
lichen und geistigen Entwicklung der Nation,
welche in charakteristischen Scenen ge-
schichtlicher Epochen dargestellt sind. Hohe
geschichtliche und nationale Auffassung be-
kunden die Wandgemälde in der Kirche des
IX. Bezirks und in der Mathiaskirche. In
der letzteren behandelte Lötz die auch in
früheren Zeiten in Kirchen oft gemalte
Legende des heiligen Ladislaus (S. 208), wie
auf sein Gebet aus dem Felsen Wasser quillt,
wie er in der Schlacht bei Cserhalom aus

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