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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 15.1899/​1900

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Personal- u. Atelier-Nachrichten - Von Ausstellungen und Sammlungen - Neue Denkmäler - Vermischte Nachrichten - Kunstlitteratur
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https://doi.org/10.11588/diglit.12046#0303

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-a-4Ö> KUNSTLITTERATUR <Öä^

die durch Seiki Kouroda, einen Schüler Raphael
Collins, im Jahre 1896 begründete und durch den
Unterrichtsminister Marquis Seionji begünstigte
Secession (wir werden darauf zurückkommen. D. R.),
welche Bilder im Stil bald eines Bastien-Lepage,
bald eines Aublet malt, ist nichts als ein Wechsel-
balg, weder japanisch noch europäisch, und verdankt
ihre Entstehung keinem wirklichen Kunstbedürfnis,
sondern nur dem Nachahmungstrieb. Mit der Plastik;
die sich gar auf Kriegerdenkmäler und Schlachten-
relie-'s einlässt, steht es womöglich noch schlimmer.
Dass andrerseits das Streben, an die alt-einheimische
Ueberlieferung anzuknüpfen, ebenso aussichtslos ist,
beweisen einige Nachbildungen nach neueren Male-
reien im buddhistischen Stil. Der Zusammenhang
mit der Vergangenheit ist eben vollständig verloren,
und keine Kraft mehr vorhanden, um den alten
Stil neu zu beleben. Es wird den Japanern nichts
übrig bleiben, wollen sie wieder zur Kunst gelangen,
als die Natur von Grund aus, aber mit eigenen
Augen und nicht durch die europäische Brille
sehend, zu studieren. Dann können sie sich eine
neue naturalistische Kunst schaffen — denn darauf,
nicht auf das alte dekorative Prinzip wird wohl ihr
Streben jetzt gehe« —; ein neuer dekorativer Stil
mag hieraus mit der Zeit hervorwachsen, aber sicher-
lich wird er dann anders sein, als der der Ver-
gangenheit. ?• v. Seidlitz

* Paul Schultze-Naumburg. DasStudium und
die Ziele derMalerei, ein Vademecum fürStudierende.
(Leipzig, Eugen Diederichs, 4M.) Unter diesem Titel
ist in zweiter vermehrter Auflage das vortreffliche
Buch > Der Studiengang des modernen Malers< von
dem bekannten Künstler und Schriftsteller er-
schienen. Das Buch hat, wie bei dem jetzigen Ver-
lage selbstverständlich, auch äusserlich gewonnen:
der Buchschmuck von I. V. Cissarz und die typo-
graphische Anordnung leiden keinen Vergleich mit der
urgewöhnlichen Austattung der ersten Auflage. Ein
Vergleich des Inhalts ergiebt, dass das Buch alle
seine Vorzüge behalten hat, daneben aber auch in
vielen Einzelheiten verbessert worden ist. Hier
und da sind Schroffheiten gemildert — natürlich
nicht bezüglich des rein künstlerischen Standpunktes,
der mit aller Energie, z. B. in dem neu hinzuge-
kommenen Abschnitt ?FalscheSparsamkeitc vertreten
wird. Unklarheiten sind beseitigt, manche Punkte sind
weiter ausgeführt oder anders gefasst (z. B. Ziele der
Modernen und Moden), kurzum man merkt überall die
bessernde Hand des Mannes, der seinen Stoff wieder
mit Ernst durchgearbeitet hat. (S. 7 ist zu lesen 19.
statt 18. Jahrh.) — So können wir das Buch von neuem
bestens empfehlen. Es ist für Maler bestimmt, und
zwar für Schüler; aber auch der Laie, der sich über
die künstlerische, ästhetische Seite der Malkunst
unterrichten will, wird gut thun, dieses Buch zur
Hand zu nehmen. Jedenfalls wird er durch auf-
merksames Studium des Buches vielerlei lernen,
mancherlei Missverständnisse und Vorurteile ab-
schütteln können. Es ist keineswegs pedantisch
und fachmännisch lehrhaft, sondern frei und geist-
voll geschrieben, wie man es eben von Schultze-
Naumburg, der Pinsel und Feder in gleich gewand-
ter Weise handhabt, nicht anders erwartet. [347]

o Die Lithographien-Mappe Nr. IV von 1899
des Karlsruher Vereins für Original-Radierung ist
diesmal in künstlerischer Hinsicht weit besser aus-
gefallen als die des vorhergehenden Jahres. Den ver-
schiedenen Mitgliedern des Karlsruher sehr rührigen
Künstlerbundes, die sich daran beteiligt haben, ist
es mit der Zeit sehr gut gelungen, sich in den ganz
eigenartigen Geist der lithographischen Technik —
die doch von der Radierung himmelweit verschieden

ist — geschickt zu vertiefen und einzuleben und so
Blätter zu liefern, die als echte Denkmäler des
künstlerischen Steindrucks gelten können. Allerdings
gehört über die Hälfte (fünf von neun) der Künstler
jetzt der Stuttgarter Schule an, wenn sie auch freilich
noch mit allen Fasern ihres künstlerischen Daseins
an Karlsruhe hängen mögen. Graf Kalckreuth
eröffnet den Reigen mit einer, von der Radierung
in die Lithographie umgesetzten »heimkehrenden
Bäuerin von meisterhafter breitester und flottester
Gesamtwirkung, ihm schliessen sich seine Schüler
W. Laage mit einem an die Technik Storm van
Gravesande's gemahnenden Eisenbahnzug in der
Heide , Heinrich Heyne mit einem, im Geiste
Thoma's gehaltenen, in der Farbe sehr stimmungs-
vollen 3 Flötenspieler* und Wilhelm Wulff mit
einerdesgleichen Feuersbrunst' an. Professor Car-
los Grethe hat ein sehr delikates, in den feinsten
Tonwerten gehaltenes Blatt ;Mondnacht-, Hans v.
Volkmann ein prächtiges subtiles - Cypressenthah
und Gustav Kampmann eine fein beobachtete
-Morgensonne: beigesteuert, drei Blätter, die zu
dem Schönsten gehören, was die deutsche Künstler-
lithographie erzeugt hat. Auch die -Nixe« von
Franz Hein ist in technischer Hinsicht wenigstens
sehr gut gelungen, was auch von dem interessanten
Blatt j Verbrecher- von Karl Hofer, der hier noch
in den Spuren seines ersten Lehrers Graf Kalckreuth
wandelt, gelten darf. — Zugleich damit hat auch der
hiesige Künstlerbund einen, in seiner Kunstdruckerei,
der Braunschen Hofbuchdruckerei dahier, herge-
stellten, wahrhaft musterhaften und tadellosen Katalog
seiner bis jetzt erschienenen Lithographien heraus-
gegeben, die beredtes Zeugnis davon ablegen, mit
welchem Ernste der Bund bestrebt ist, die Prinzipien
echter und wahrer Kunst in seinen für das Volk
geschaffenen Werken hochzuhalten. [232]

C.E.G. A.P.Novickij, Geschichte der russischen
Kunst. (Verlag des Magazins »Das Buchwesen-.
Moskau 1899.) Von dem auf drei Bände im Um-
fange von ca. tausend Druckseiten mit ca. sieben-
hundert Abbildungen berechneten Werke sind bis-
lang fünf Lieferungen des ersten Bandes erschienen,
der bis Peter den Grossen reicht. Dank der jahr-
zehntelangen Bemühungen der mit sehr reichen
Mitteln arbeitenden archäologischen und historischen
Gesellschaften Russlands, waren zahlreiche zum Teil
mit vorzüglichen Abbildungen versehene Vorarbeiten
vorhanden, die Novickij mit Geschick verwertet hat.
Ganz besonders gilt das von der Architektur, deren
Hauptdenkmäler uns in guten Abbildungen vor-
geführt werden. Aber auch die Geschichte des
Ornaments, der Miniaturmalerei, sowie der Klein-
kunst ist gebührend berücksichtigt. Schon den
bisher erschienenen Heften sind Reproduktionen
von Meisterwerken der zeitgenössischen russischen
Malerei (zum Teil in Autotypien von Angerer &
Göschl in Wien) beigegeben. Die Ausstattung des
Werkes lässt nichts zu wünschen übrig. Der Sub-
skriptionspreis beträgt 12 Rubel. l274)

= Die 1892 begründete Kunstanstalt von Tro-
witzsch & Sohn in Frankfurt a. o. hat es sich
zur Aufgabe gemacht, Meisterwerke der klassischen
Kunst in den Farben der Originale zu reproduzieren.
Als Proben hat uns genannte Anstalt von den letzt-
jährigen Neuigkeiten Rafaels - Sixtina« zugesandt, die
wohlgelungen zu nennen ist (Preis in Passepartout
50 M.), und zwei Wiedergaben Kotschenreiterscher
Typen (je 7'. j M. in Passepartout) beigefügt. Die letzten
beiden scheinen uns nicht recht einem Bedürfnis zu
entsprechen, während mit der in einer Bildgrösse von
100:74 cm reproduzierten - Sixtina< ein prächtiges Blatt
für das christliche Haus geschaffen worden ist.

Redaktionsschluss: 17. Februar 1900. Ausgabe: L März 1Ü00.

Herausgeber: Friedrich Pecht. — Verantwortlicher Redakteur: Fritz Schtartz.
Verlagsanstalt F. Bruckmann a.-g. in München, Nymphcnburgcrstr. 86. — Bruckmann'schc Kunst- und Buchdruckcrci in München.
 
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