Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 15.1899/​1900

DOI Artikel:
Das Münchener Künstlerhaus: zu seiner Einweihung
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.12046#0355

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
DAS MÜNCHENER KÜNSTLER HAUS

ERBAUT VON GABRIEL SEIDL

DAS MUNCHENE

ZU SEINER

Wenn „die Meisten" dasselbe reden, so ist
es allemal thöricht. Mit diesem alten Er-
fahrungssatz durften sich diejenigen trösten,
die über das Münchener Künstlerhaus anderer
Ansicht waren als die Vertreter der allgemeinen
Meinung, und so getröstet haben sie ruhig
dem Tag entgegensehen, da das neue Haus
seine Feuerprobe ablegen würde. Der festliche
Tag der Eröffnung hat ihnen recht gegeben.

„Feuerprobe" meinen wir im Sinne der
künstlerischen Wirkung, denn die andere
Frage, wie weit das Gebäude den Wünschen
und Bedürfnissen seines vielköpfigen Bau-
herrn, der Gesamtheit der Münchener
Künstlerschaft entgegenkommt, diese heikle
Frage ist sozusagen eine innere Familien-
angelegenheit jener Körperschaft und geht uns
als sokhe nichts an. Hier betrachten und be-
schreiben wir das neue Haus lediglich vom
künstlerischen Standpunkt und dürfen diesen
Gesichtspunkt ausschliesslich beibehalten,
nicht nur weil es sich wirklich um das Werk
eines Künstlers handelt, sondern weil ja nach
einem echten Künstlerwort zunächst kein
anderer Zweck mit seiner Erbauung erfüllt

R KÜNSTLERHAUS

EINWEIHUNG

(Nachdruck verboten)

werden sollte als der, „etwas Schönes hin-
zustellen".

Naturgemäss ist es das Aeusserliche, die
Facade, was der grossen Masse unberufener
Beurteiler zunächst ins Auge sticht und wobei
ihr Urteil stehen bleibt. Von den Schwierig-
keiten des Grundrisses, wie sie hier in be-
sonders hohem Grade einerseits in der un-
regelmässigen Gestalt des Bauplatzes, ander-
seits in der Rücksichtnahme auf die Um-
gebung lagen, pflegen sich die Wenigsten
eine Vorstellung zu machen. Wir halten die
vorliegende Lösung des Grundrisses nicht
allein für glücklich, sondern für die einzig
mögliche schlechthin. Nur dadurch, dass man
das Hauptgebäude in den Hintergrund schob,
konnte der Blick auf das alte Stadtbild er-
halten werden und der benachbarten Synagoge
ihre ästhetische Existenz unverkümmert be-
wahrt bleiben. Auf diese Weise wurde zu-
gleich der Raum für einen Hof gewonnen,
der schon mit Rücksicht auf die sommerliche
Hitze und den gerade in diesem Stadtteil so
unerträglichen Strassenstaub nicht offen bleiben
durfte, sondern im Viereck von vorgelagerten

Die Kunst für Alle XV. 15. 1. Mai 1900.

339

43*
 
Annotationen