DOI Artikel:
Seidlitz, Woldemar von: Über Freskotechnik, [1]
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.12046#0378
HANS VON HAYEK
Aus der Frühjahr-Ausstellung der Münchener Secession
LINTER
UBER FRESKOTECHNIK
Von W. v.
Fehlt auch im Norden das helle Himmels-
licht, das den Fresken in Italien zu gute
kommt, sowie das gemässigte Klima, das
ihnen Dauer verleiht, so fühlen sich doch
unsere Künstler, dem Zuge der Zeit folgend,
immer mehr zu der Freskotechnik gedrängt
und hingezogen. Nachdem die Darstellungs-
mittel der Oelmalerei soweit ausgebildet
worden sind, dass auf technischem Gebiete
kaum noch Aufgaben zu lösen bleiben, sehnt
sich die Phantasie der Künstler nach einer
Verwertung dieser Erfahrungen zur Dar-
stellung des inneren Ideengehalts und somit
nach Vereinfachung und monumentalerGrösse.
Seine volle Befriedigung kann aber solcher
Drang nur in der Wandmalerei finden. Diese
Technik nötigt zu weisem Haushalten mit den
Darstellungsmitteln, ist daher geeignet, kräf-
tigend auf die Entwickelung der Kunst ein-
zuwirken und die Befreiung von jenem
Naturalismus zu fördern, der seine Aufgabe
bereits erfüllt hat und fortan nur noch als
Seidlitz
(Nachdruck verboten)
Mittel zum Zweck weiter zu bestehen berech-
tigt ist. Nicht mit Unrecht bezeichnet der alte
Cennini die Freskomalerei als das angenehmste
und schönste Malverfahren, das es giebt.
Eine Hauptschwierigkeit liegt für den
Künstler, der sich der Freskomalerei zuwenden
will, darin, dass er die rechte Art erkenne,
wie er den Bewurf für das Fresko herzu-
stellen und welche Farben er für einen solchen
Zweck zu wählen und anzuwenden habe. In
den früheren Zeiten, als noch die Kunst einen
unmittelbaren Zusammenhang mit der Ver-
gangenheit besass, wurden solche Anweisungen
von einer Generation der andern durch Bei-
spiel und Erläuterung übermittelt; mit dem
Ende des vorigen Jahrhunderts ging diese
lebendige Kenntnis verloren, nur einige ita-
lienische Dekorationsmaler und hier und da
ein Land-Kirchenmaler mag sie sich noch
erhalten haben. Man weiss, welche Mühe
Overbeck, Cornelius und Veit hatten, hinter
die Geheimnisse dieser ausgestorbenen Tech-
üie Kunst für Alle XV. 16. 15. Mai 1900
361
Aus der Frühjahr-Ausstellung der Münchener Secession
LINTER
UBER FRESKOTECHNIK
Von W. v.
Fehlt auch im Norden das helle Himmels-
licht, das den Fresken in Italien zu gute
kommt, sowie das gemässigte Klima, das
ihnen Dauer verleiht, so fühlen sich doch
unsere Künstler, dem Zuge der Zeit folgend,
immer mehr zu der Freskotechnik gedrängt
und hingezogen. Nachdem die Darstellungs-
mittel der Oelmalerei soweit ausgebildet
worden sind, dass auf technischem Gebiete
kaum noch Aufgaben zu lösen bleiben, sehnt
sich die Phantasie der Künstler nach einer
Verwertung dieser Erfahrungen zur Dar-
stellung des inneren Ideengehalts und somit
nach Vereinfachung und monumentalerGrösse.
Seine volle Befriedigung kann aber solcher
Drang nur in der Wandmalerei finden. Diese
Technik nötigt zu weisem Haushalten mit den
Darstellungsmitteln, ist daher geeignet, kräf-
tigend auf die Entwickelung der Kunst ein-
zuwirken und die Befreiung von jenem
Naturalismus zu fördern, der seine Aufgabe
bereits erfüllt hat und fortan nur noch als
Seidlitz
(Nachdruck verboten)
Mittel zum Zweck weiter zu bestehen berech-
tigt ist. Nicht mit Unrecht bezeichnet der alte
Cennini die Freskomalerei als das angenehmste
und schönste Malverfahren, das es giebt.
Eine Hauptschwierigkeit liegt für den
Künstler, der sich der Freskomalerei zuwenden
will, darin, dass er die rechte Art erkenne,
wie er den Bewurf für das Fresko herzu-
stellen und welche Farben er für einen solchen
Zweck zu wählen und anzuwenden habe. In
den früheren Zeiten, als noch die Kunst einen
unmittelbaren Zusammenhang mit der Ver-
gangenheit besass, wurden solche Anweisungen
von einer Generation der andern durch Bei-
spiel und Erläuterung übermittelt; mit dem
Ende des vorigen Jahrhunderts ging diese
lebendige Kenntnis verloren, nur einige ita-
lienische Dekorationsmaler und hier und da
ein Land-Kirchenmaler mag sie sich noch
erhalten haben. Man weiss, welche Mühe
Overbeck, Cornelius und Veit hatten, hinter
die Geheimnisse dieser ausgestorbenen Tech-
üie Kunst für Alle XV. 16. 15. Mai 1900
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