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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 15.1899/​1900

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Das Düsseldorfer Frühjahr 1900
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DAS DÜSSELDORFER FRÜHJAHR 1900 <ö^=-

gegenübergestellt. Ein grosses malerisches
Können hält die einzelnen Gruppen zusammen.
Das Bild ist eines der besten Versuche, dem
niederrheinischen Menschentypus Heimats-
recht in der Kunst zu schaffen. Der Ver-
gleich mit Herkomer's eben zur selben Zeit
in Düsseldorf bei Schulte ausgestellten Krim-
kriegern von 1897 zeigt die Grenzen dieser
Kunst: es fehlt hier die kraftvolle Typik der
Herkomer schen Gestalten, aber in der fein
geschiedenen Charakteristik darf sich das
Bild schon daneben stellen. — Erst während
der Ausstellung traf das grosse Bild von
Julius Bergmann „Kühe im Walde" ein, um
schon nach kurzer Zeit mit dem Totenzettel
„Verkauft" versehen zu werden. Fast möchte
man es bedauern, dass das Stück in den Besitz
eines Düsseldorfer Liebhabers übergegangen
ist — es wäre ein Museumsbild ersten Ranges
und jeder grossen Sammlung würdig gewesen.
Das Motiv ist für Bergmann nicht neu —
vier Kühe im Wasser stehend, die Sonne
durch den dichten Wald in dünnen Strahlen
einfallend und helle Flecken malend, der
Reflex des sumpfigen Wassers grünliche
Schatten auf das weisse und gefleckte Fell
der mächtigen Rinder zaubernd. Nur das
ungewöhnlich grosse Format ist neu. In der
Ausführung steht aber der Künsler ab-
solut auf der Höhe. Eine ganz breite und
dabei dünne Malerei, so dünn, dass die erste
Zeichnung selbst noch hierbei mitspricht, die
Spiegelung in den trüben Fluten so keck und
so grosszügig und dabei so sicher und fest
hingesetzt, die prachtvollen Tiere ruhig und
kühn hingestrichen. Die Farbe sonnig, mit
Wärme durchsättigt, leuchtend, tief. Das ist
überhaupt das Charakteristische an Berg-
mann's jetziger Malweise: die warme Leucht-
kraft. Man braucht nur einmal seine früheren
Bilder im kühleren, glätteren Stile seines
Lehrers Baisch daneben zu stellen. Und auch
auf dem Gebiet der reinen Stimmungsland-
schaft ist von dem ja erst vor kurzem nach
Düsseldorf übergesiedelten Karlsruher noch
Grosses und Feines zu erwarten.

Unter den Landschaftern, die dem alten
Ruhm der Düsseldorfer gerecht werden und
gerade rheinische und niederrheinische Scene-
rien schildern, sind neben dem altbekannten
Olof Jernberg und Eugen Kampf, deren
Ruf ja zu fest steht, als dass hier noch etwas
Neues darüber zu sagen wäre, vor allem drei
zu nennen: Dirks, Hermanns, von Wille.
Von A. Dirks sind fünf Landschaften da, alle
in einer breiten, oft fast schweren Manier
mit einer mächtigen Plastik der Farbe. Seine
Landungsbrücke, seine Hafeneinfahrt, sein

Sommertag zeigen prächtige Farbenwirkungen,
das schlammige, schmutziggraue Wasser, die
rostbraunen grossen Segel, der tiefblaue
Himmel stimmen zu kräftigen Akkorden zu-
sammen. Es liegt eine ganz eigene Wucht
und Verve in seinem Strich. Heinrich Her-
manns ist hier nicht so vollzählig vertreten
wie neulich mit seiner Kollektivausstellung
bei Schulte. Wie starke Anziehungskraft seine
feingestimmten Bildchen haben, zeigte sich
erst kürzlich wieder, als der beste Teil
dieser Kollektion auch in Berlin ausgestellt
war. Noch über seine bekannten Kirchen-
interieurs stelle ich seine niederrheinischen
und holländischen Motive — Fischerdörfer,
Bauernhütten unter grossen Bäumen, alte
Wasserburgen, die hinter dem Walde auf-
tauchen — eine Reihe von Motiven mit dem
malerischen Schloss Hülchrath im Kreise
Grevenbroich — vor allem das Spiel der
Sonnenstrahlen auf einem Wassertümpel. Die
Bilder zeigen eine feine Fleckenverteilung,
höchste Farbigkeit und die delikatesten Effekte.
Fritz von Wille's Eifelbilder sind ja schon
weithin bekannt. Er ist längst ein Herold
der Schönheiten unserer Hocheifel geworden.
Sein Vater und er haben damit die Lessing-
sche Tradition fortgesetzt. Seit Jahren ver-
bringt er den Sommer auf einem grossen
Hof bei Reifferscheid, und aus der ausge-
dehnten Dynastenburg Reifferscheid sind seine
besten architektonischen Motive entnommen.
Auch diesmal bringt er auf einem grossen
Bilde den einsamen riesigen Bergfried der
Burg, zur Rechten die Aussicht über den
Eifelberge mit einem Sonnenblick über die
Höhen, weiter eine Eifellandschaft, auch
aus dem Kreise Schleiden, vorn ein roter
Hang, Heide und Ginster, dann grüne Thäler
und dahinter dichtgedrängt blaue Höhenzüge.
Ein helles Sonnenlicht gleitet über die Höhen.
Es ist gerade die kühle Frische, das leuchtende
aber doch kalte Licht, die wunderbar klare,
durchsichtige Luft der Eifelberge, die Wille
mit solcher Bravour wiedergiebt. Seine Bilder
sind geradezu typisch für den landschaftlichen
Charakter dieser Gegend. In diesen vier Land-
schaftern liegt eine gesunde und vielver-
heissende Kraft — genug, um dem alten Ruhm
der Düsseldorfer Schule gerecht zu werden.
Dass die Kunst hier zu dem heimischen Boden
zurückkehrt und ihn aufs neue mit Maleraugen
sehen lehrt, giebt vielleicht die beste Bürg-
schaft für die Folge.

Unter den übrigen Bildern ist viel Gutes,
einiges Vortreffliche. Von W. Schneider-
Didam eine Reihe charakteristischer Porträts
in breiter Manier, ausgezeichnet das des Malers

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