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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 15.1899/​1900

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Kreowski, Ernst: Vom "Blitz des Pinsels", [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12046#0535

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^-£=£> VOM „BLITZ DES PINSELS" <^^~

des Festzuges, zwischen beiden aber Mabuse
in einem zwar ähnlichen doch weit kost-
bareren Kleide: Damast von solcher Pracht
und blendenden Weisse, dazu mit so herr-
lichen geschmackvollen Blumen und Laub-
gewinden, wie selbst der Kaiser noch nie
gesehen hatte. Das frappierte diesen über
alle Massen, weshalb er den Maler heran-
winkte, um dieses seltene Gewebe auch
prüfend auf seine Echtheit zu untersuchen.
Da entdeckte er nun freilich die Täuschung.
Das ganze Gewand war Papier und über und
über mit dem wirklichen Stoff total ähnlichen
Blumen und Ranken übermalt. ... Da lachte
Kaiser Karl; als ihm aber der Marquis die
Genesis des wunderlichen Gewandes mitteilte,
da lachte er noch mehr, so dass ihm die
Thränen über die Backen rollten. Mabuse
aber stand seitdem nur noch fester in der
Gunst seines Mäcenas. Spassvögel anderer
Art waren die Maler G. Arcimbaldo und G.
da Monte, welche sich mit allerhand mal-
technischen Spielereien befassten, so mit
Figuren, die in der Ferne Männer und Frauen
zu sein schienen, sich aber, nah besehen,
in Blumen und Früchte nebst ihrem Laube
auflösten. Arcimbaldo malte auch ein Küchen-
interieur, woselbst die Köchin aus — Töpfen,
Kesseln und sonstigem Gerät zusammenge-
setzt war. Und der Spanier Pereda setzte
dem Narrenspiel die Schellenkappe auf, in-
dem er seiner Frau, die so gern eine Kammer-
zofe gehabt hätte, eine solche — malte.
Allerdings so täuschend, dass mancher bei
seinem Eintritt ins Zimmer das nähend im
Stuhl sitzende und so niedlich ausschauende
Kammerkätzchen anredete. Ob freilich die
Frau des Hauses sich mit dieser Täuschung
zufrieden gegeben hat, verschweigt des
Chronisten Höflichkeit.

Dass bei all diesen Vexierstückchen das
Schöpferische der Künstlerpersönlichkeit ab-
solut nichts, die technische „Handfertigkeit"
aber Alles bedeutet, liegt auf der Hand. Das
ist auch bei der Kleinkunst der Fall, die wohl
als künstliches Machwerk Bewunderung er-
regen kann, doch aber nicht echte Kunst ist.
Auch heute giebt es allerhand Miniaturkünstler
und Künsteleien. Jedenfalls aber malt kein
Maler mehr solche, übrigens mit 60 bis 400
Gulden honorierte Liliputbildchen, wie sie die
Niederländerin Henriette Wolters in der ersten
Hälfte des vorigen Jahrhunderts für Arm-
reife fertigte; noch weniger ein Porträt von
solcher Winzigkeit, dass es -in einen Siegel-
ring gefasst werden kann, wie einst der zu
seiner Zeit gefeierte Bildnismaler Santo Vandi
eines für den Herzog von Mantua malte und

wofür ihm Ludwig XIV. 100 Dublonen zahlte.
Dennoch war dieses nicht das kleinste. Schon
ein Jahrhundert vorher hatte sich eine Nieder-
länderin Anna Smyters durch malerische Dar-
stellungen hervorgethan, die an Kleinheit nicht
ihresgleichen fanden. Eines dieser ihrer Bild-
chen soll nach dem Bericht eines zeitgenössi-
schen Schriftstellers so klein gewesen sein,
dass man es mit einem — Weizenkorn be-
decken konnte. Und doch zeigte es eine
Windmühle mit ausgespannten Flügeln, den
Müller mit dem Sack auf dem Rücken, ein
Pferd nebst dem Karren und Leute, die
vorübergehen. . .

GEDANKEN

Die Kunst sucht allzeit das Paradies,
Das die Menschheit hier auf Erden verloren,
Und das Beste, was sie erstehen Hess,
Ward aus der Sehnsucht danach geboren.

A. Slier

Nicht immer früchteschwer kann Zweig und Halm

sich biegen,

Auch geistig Ackerland muss in der Brache liegen.

A. Stier

W. L. BRUCKMAN «DIE KÖNIGIN

DER EITELKEIT
Ausstellung 1900 der Münchener Secession

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