<Ö> DIE DEUTSCHE KUNST
WILHELM SCHREUER STADTANSICHT (18. JAHRHUNDERT)
Jahres-Ausstellung im Münchener Glaspalast (Freie Vereinigung Düsseldorfer Künstler)
wendigen oder doch eines individuellen Ge-
schmackes, so dass es gar keine Frage sein
kann, dass das Aussehen Münchens sich in
dieser Periodeganz ausserordentlich verbessert,
die es früher charakterisierende Kälte und
Nüchternheit fast ganz verloren hat. Baute
man noch in der Maximiliansstrasse zahl-
reiche Facaden, die mit dem Innern oder der
Bestimmung der Häuser lediglich gar nichts
zu thun haben, so sieht man jetzt überall
denselben Fortschritt von trockener, doktri-
närer Willkür und launenhaftem Dilettantismus
zu gesunder Naturwüchsigkeit, der auch unsere
Malerei in dieser Zeit charakterisiert.
Ebenso kann man ihn bei der Bildhauerei,
wenn auch nicht immer so bestimmt ausge-
sprochen, finden. Dennoch ist der Uebergang
vom roh und kalt antikisierenden Stil zu einer
mehr malerischen und vor allem nationaleren
Formengebungganz unverkennbar. Noch erfreu-
licher vielleicht ist es, dass die Skulptur jetzt so
unvergleichlich häufiger zur Belebung der
Architektur verwendet wird als früher, ja dass
man ihre Unentbehrlichkeit zur schärferen
Charakteristik aller Monumentalbauten unbe-
dingt anerkennt und dieselbe auch dement-
sprechend zu verwenden weiss. So Denner-
lein bei seiner köstlichen Pallas Athene
und den übrigen Figuren, mit denen er den
Giebel des Akademiebaues ganz ungewöhnlich
glücklich schmückte, ja damit eine Lebendig-
keit und Grazie verbindet, wie sie bisher
bei uns fast unbekannt waren. Aehnlich
antikisierend und doch modern lebendig ist
Hildebrand's grosser Brunnen am Maximi-
liansplatz — ein Meisterstück dekorativer
Kunst, das indes von den mit wunderbarer
Feinheit individualisierten Porträt-Büsten des
Künstlers an Originalität noch weit überboten
wird. Unter den Monumentalfiguren ist Wag-
müller's Liebig freilich bis heute unerreicht
geblieben, doch kommt ihm Rümann's „Ohm"
an Wahrheit wenigstens sehr nahe. Mit einer
ganzen Reihe solcher ungewöhnlich leben-
diger Porträtfiguren in Bronze hat uns dann
der jetzige Akademiedirektor Ferdinand v.
Miller bereichert, nur dass leider keine
derselben hier geblieben ist, nicht einmal
seine so vortreffliche Statue des Prinzregenten
für Bamberg, ein Meisterstück feiner Charak-
teristik. Nach dem frühen Tode Wagmüller's
hat v. Miller unstreitig das Verdienst, das
malerische Element erst in unsere Skulptur
wieder eingeführt und mit feiner Individuali-
sierung verbunden zu haben, wie beides von
Schwanthaler und seiner Schule nur zu sehr
vernachlässigt wurden. In Bezug auf malerische
Behandlung dekorativer Skulpturen steht dann
548
WILHELM SCHREUER STADTANSICHT (18. JAHRHUNDERT)
Jahres-Ausstellung im Münchener Glaspalast (Freie Vereinigung Düsseldorfer Künstler)
wendigen oder doch eines individuellen Ge-
schmackes, so dass es gar keine Frage sein
kann, dass das Aussehen Münchens sich in
dieser Periodeganz ausserordentlich verbessert,
die es früher charakterisierende Kälte und
Nüchternheit fast ganz verloren hat. Baute
man noch in der Maximiliansstrasse zahl-
reiche Facaden, die mit dem Innern oder der
Bestimmung der Häuser lediglich gar nichts
zu thun haben, so sieht man jetzt überall
denselben Fortschritt von trockener, doktri-
närer Willkür und launenhaftem Dilettantismus
zu gesunder Naturwüchsigkeit, der auch unsere
Malerei in dieser Zeit charakterisiert.
Ebenso kann man ihn bei der Bildhauerei,
wenn auch nicht immer so bestimmt ausge-
sprochen, finden. Dennoch ist der Uebergang
vom roh und kalt antikisierenden Stil zu einer
mehr malerischen und vor allem nationaleren
Formengebungganz unverkennbar. Noch erfreu-
licher vielleicht ist es, dass die Skulptur jetzt so
unvergleichlich häufiger zur Belebung der
Architektur verwendet wird als früher, ja dass
man ihre Unentbehrlichkeit zur schärferen
Charakteristik aller Monumentalbauten unbe-
dingt anerkennt und dieselbe auch dement-
sprechend zu verwenden weiss. So Denner-
lein bei seiner köstlichen Pallas Athene
und den übrigen Figuren, mit denen er den
Giebel des Akademiebaues ganz ungewöhnlich
glücklich schmückte, ja damit eine Lebendig-
keit und Grazie verbindet, wie sie bisher
bei uns fast unbekannt waren. Aehnlich
antikisierend und doch modern lebendig ist
Hildebrand's grosser Brunnen am Maximi-
liansplatz — ein Meisterstück dekorativer
Kunst, das indes von den mit wunderbarer
Feinheit individualisierten Porträt-Büsten des
Künstlers an Originalität noch weit überboten
wird. Unter den Monumentalfiguren ist Wag-
müller's Liebig freilich bis heute unerreicht
geblieben, doch kommt ihm Rümann's „Ohm"
an Wahrheit wenigstens sehr nahe. Mit einer
ganzen Reihe solcher ungewöhnlich leben-
diger Porträtfiguren in Bronze hat uns dann
der jetzige Akademiedirektor Ferdinand v.
Miller bereichert, nur dass leider keine
derselben hier geblieben ist, nicht einmal
seine so vortreffliche Statue des Prinzregenten
für Bamberg, ein Meisterstück feiner Charak-
teristik. Nach dem frühen Tode Wagmüller's
hat v. Miller unstreitig das Verdienst, das
malerische Element erst in unsere Skulptur
wieder eingeführt und mit feiner Individuali-
sierung verbunden zu haben, wie beides von
Schwanthaler und seiner Schule nur zu sehr
vernachlässigt wurden. In Bezug auf malerische
Behandlung dekorativer Skulpturen steht dann
548