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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 15.1899/​1900

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Seidel, Paul: Friedrich der Grosse und die französische Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.12046#0581

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-^g5> PARISER WELTAUSSTELLUNG -<^i^~

Setzung für die Erreichung wahrer Glückselig- Un seul Voltaire fera plus d'honneur ä la France
keit erachtete: „J'ai aime des mon enfance les que mille pedants, mille beaux esprits manques,
arts, les lettres et les sciences, et lorsque je puis et mille grands hommes d'un ordre inferieur,"
contribuer ä les propager, je m'y porte avec toute schreibt Friedrich am 6. Januar 1740 an Voltaire,
l'ardeur dont je suis capable, parce que, dans und wir brauchen diese Ausdrücke nicht als
ce monde, il n'y a pas de vrai bonheur sans leere Schmeichelei für den grossen Franzosen
eux", schreibt Friedrich am 26. September 1770 aufzufassen. Niemals aber sind diese Dinge
an Grimm, und in diesem Bekenntnisse ist die Hauptsache für ihn, sondern sie mussten hinter
ganze Tiefe seiner Neigung charakterisiert. den Herrscherpflichten unter allen Umständen
Schon im Jahre 1736 spricht er sich in einem zurückstehen.

Briefe an Voltaire aus, wie sehr sein Herz von In der Kronprinzenzeit und in den ersten
allem, was schön ist, ergriffen wird und wie fünfzehn Jahren der Regierung ist es fast
gerne er seine Kenntnisse darin vermehren ausschliesslich die französische Kunst, die
möchte: „Je suis frappe par ce qui est beau, je Friedrichs Interesse fesselt, in ihr, in den
l'estime; mais je n'en suis pas moins ignorant." Bildern Watteaus, Lancrets und Paters nament-
Es soll aber nicht verschwiegen werden, dass lieh, findet er das ausgedrückt, was er in der
dem Grossen Könige die bildenden Künste stets Kunst sucht: Befreiung von der trockenen All-
als minderwertig gegenüber der Litteratur er- täglichkeit des Daseins, die „Insel der Seligen",
schienen sind, die Schriftsteller, die unsterb- in deren Betrachtung sein Gemüt in poetische
liehe Werke schaffen, machen ihrem Zeitalter Träumereien versinken und sich ganz dem Ge-
mehr Ehre als ein Phidias, ein Praxiteles und nusse von Farbe, Licht und Grazie hingeben
ein Zeuxis: „L'industrie de fesprit est bien kann. Diesen Ideen zu dienen hält er für die
preferable ä l'industrie mecanique des artistes. vornehmste Aufgabe der Kunst. Als der ihm

nahestehende Hofmaler Antoine
Pesne einige Kirchenbilder gemalt
hat, beklagt Friedrich in einem
an ihn gerichteten Gedichte vom
14. November 1737 diese Ver-
kennung seines Talentes und
schreibt ihm andererseits die
Motive vor, die er mit seinem
Pinsel verherrlichen solle:

«Ton pinceau, je l'avoue, est digne

qu'on l'admire;
Mais pour l'adorer, non, je ne

ferais que rire.
Abandonne tes saints entoures de
rayons,

Sur des sujets brillants exerce tes
crayons;

Peins-nous d'Amaryllis les danses
ingenues

Les nymphes des forets, les Gräces

demi-nues,
Et souviens-toi toujours que c'est

au seul amour
Que ton art si charmant doit son

etre et le jour.»
Dieser Geschmacksrichtung des
jugendlichen Friedrichs kam die
Blüte der französischen Malerei
seiner Jugendzeit in hohem Masse
entgegen, während deutsche, ita-
lienische und niederländische
Kunst ganz andere Wege ver-
folgten.

Auch bedient sich Friedrich in
seinen Schriften und Gedichten
oft der Vergleiche mit der Malerei
und nennt als Vertreter derselben
Nicolas lancret das moulinet mit Vorliebe französische Künst-

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