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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 50.1934-1935

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Der Manierismus: eine Wiederaufstehung im Geiste
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https://doi.org/10.11588/diglit.16482#0060

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Erich Heckel. Schülervorstellung „Die Vögel" des Aristophanes. 1932

weniger als freundlich gemeinte Bezeichnungen ge-
wesen. Hätten wir heute für jene Kunstepoche einen
Namen neu zu prägen, so dürften wir wohl mit
gutem Sinn von einer „spiritualistischen" Kunst-
epoche reden. Einer Epoche, die sicherlich in abge-
stuften Graden irgendwie ganz Europa angeht: völ-
lig klare Einsichten in ihr Wesen und ihre Ausbrei-
tung stehen uns freilich einstweilen nur für Italien
zur Verfügung. Und auch das braucht uns nicht zu
entmutigen — denn letzten Endes sind ja auch für
..Renaissance" und ..Barock'", von denen wir heute
in allgemeinsten Zusammenhängen zu sprechen
längst gewohnt sind, die Begriffsunterlagen und
eigentlichen .,Paradigmata" aus der italienischen
Entwicklung herausgeholt worden.
An dem Florentiner Jacopo da Pontormo, einem
Schüler Andreas del Sarto, mißbilligten die Zeitge-
nossen eine ihnen unverständliche Vorliebe für die
Kunst des Dürerkreises, eine ihnen wenig zusagende
Entfernung vom geltenden Schönheitskanon. In
ähnlicher Bichtung arbeitete dann der schwermuts-
voll-wilde Sonderling Rosso, der der französischen
.,Schule von Fontainebleau" als Hauptanreger dien-
te und früh durch Selbstmord endete. Auch die mei-

sten Werke anderer bald nach 1500 geborener Flo-
rentiner gehören in den gleichen Zusammenhang:
wir nennen die Namen Bronzino, Salviati, Vasari
(als Maler). In Born arbeitete ähnlich der um das
kleine Oratorium S. Giovanni Decollato gescharte
Künstlerkreis, meist irgendwie dem Buonarroti ver-
bunden, dessen letzte Plastiken man. ebenso wie die
Fresken in der Paulskapelle des Vatikans, gleich-
falls der manieristischen Kunstrichtung zurechnen
muß. Nehmen wir dazu noch den Südtoskaner Bec-
cafumi (von Siena), die in Rom tätigen, aus den
Marken stammenden Brüder Zuccari, den Südita-
liener Pulzone, so haben wir wohl aus dem Kreise
der vorwiegend von Florenz her bestimmten Manie-
risten die wichtigsten Namen genannt und können
nun unsere Aufmerksamkeit auf die (von je einer
strengen Linearität des Schaffens minder geneigten)
Landschaften Oberitaliens beschränken. Hier stoßen
wir auf die Nachfolger des Correggio in Parma (vor
allem den sogenannten Parmeggianino), auf eine
untereinander und mit den nordischen Ländern in
engerer Verbindung stehende Anzahl von bolognesi-
schen und mailändischen Künstlern (der bedeutend-
ste unter ihnen allen zweifellos Crespi-Cerano). auf

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