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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 50.1934-1935

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Weiss, Konrad: Olaf Gulbransson
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https://doi.org/10.11588/diglit.16482#0163

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B Kunstbibliothek
Staatliche Museen
zu Berlin

Olaf Gulbransson. Nebel in den Niederungen

Olaf GulbranSSOn. Von Konrad Weiß

Der junge Olaf wurde „Björnson" vorgeführt. ..Ein
König von einer Erscheinung. Vor ihm wurde alles
so klein. Seine Tochter sagte beim Vorstellen mit
einer Geste auf mich: oh ich nicht selbst meinen
Karikaturen sehr ähnlich sehe?" ..Doch", sagle er —
..bloß allzu sehr . . ." So etwa ging die Einführung
des Künstlers Olaf Gulbransson in die größere Welt
der Kunst nach seiner eigenen Beschreibung vor
sich und so kam der junge Norweger 1902 auch
gewissermaßen zu seiner eigenen Überraschung
nach München.

Nun hat Olaf Gulbransson, der im vorletzten Jahre
(1955) ein Sechziger geworden ist, das Buch seiner
Jugend geschrieben, ein Buch natürlich von einer
besonderen Art. Ihn selbst erblickt man auf dem
Titelblatt, wie er sich selber gerne karikiert. Der
Umriß ist von einer geradezu monumentalen Drol-
ligkeit. Die sparsame Linienfigur läuft um sich
selber und fängt sich wie in einer komisch-kos-
mischen Ellipse, der Kopf scheint darin wie ein
denkender Planet zu kreisen und sinkt auf die stüt-
zende Hand zum besinnlichen Aufblick. Selten,
daß eine derbe Linie sich so zu einem Bereich des

"Witzes und der Besinnung zusammenschließt.
Dieser Jugendbericht von der Abstammung des Nor-
wegers, dem aber der Erscheinungsort München
seinen rechten künstlerischen Platz gibt, ist ein
Buch geworden, wie es sicher im Bereich des künst-
lerischen Witzes nicht viel Ähnliches gibt. Viel-
leicht kann man an den westschweizerischen Zeich-
ner Bodolphe Töpffer denken. So wie er Witz und
Erfindung in fortlaufenden Bilderzählungen zu sti-
lisieren gewußt hat, bei denen die Linien und Um-
risse als eine eigene Schreibsprache sich mit den
stofflichen Einfällen ganz flüchtig berühren, diese
aber um so mehr akzentuieren und mit ihnen in
einer erstaunlichen Schwerelosigkeit gleicher Art
dahingleiten, ein Ganzes von ähnlicher Art schafft
auch Gulbransson. So sehr die Linie an den Stoff
gebunden scheint, so bleibt sie doch ganz eigentüm-
lich, stofflos, tendenzlos und frei. Dem Künstler
vor hundert Jahren, Töpffer, ist die Flüchtigkeit
des Witzes wie Luft gegeben, der Künstler Gul-
bransson aber kommt auf der Erde daher, er gründet
kräftig in seiner Heimat und er stellt seine Linien
manchmal wie Säulen in den lustigen Augenblick.

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