Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur (50.1934-1935)

Anton Lamprecht. Winter am Nymphenburger Kanal

Große Münchener Kunstausstellung 1935

Über die Große Münchener Kunstausstellung 1935. Von Ulrich christoffei

Bis zur Eröffnung des ..Hauses der Deutschen
Kunst" ist das Münchner Ausstellungswesen auf
Provisorien angewiesen, die zu Anpassungen und
Einschränkungen verpflichten, aber auch den Reiz
haben, daß sie neue Versuche und Einteilungen er-
möglichen. So wurde dieses Jahr die große Halle III
im Ausstellungspark für die Kunstausstellung her-
gerichtet, mit dem glücklichen Erfolg, daß die ver-
schiedenen Abteilungen der Malerei und Plastik
der Gegenwart, der Christlichen Kunst, des Kunst-
gewerbes und besonders der Sonderschau der
Münchner Bildnismalerei seit 1880 sich in locke-
rer, elastischer Reihung darstellen ließen. In der
bequemer gelegenen Neuen Pinakothek haben dies-
mal die Künstler, die in der schönen Winteraus-
stellung „Münchner Kunst" wegen Platzmangel
nicht berücksichtigt werden konnten, den Vorrang
erhalten, und es haben sich in den bevorzugten

Räumen, deren vornehme Architektur immer kühl
und streng über den Bildern lastet, neben einigen
jüngern Künstlern die Träger der Tradition zu-
sammengefunden. Auch Graphik, Zeichnung und
Aquarell sind in den Nebenräumen untergebracht
worden.

In dem Maße, als das Interesse am künstlerisch
Formalen abnimmt, verallgemeinert sich die Ge-
wöhnung, in Bildern und Bildwerken unabhängig
von ihrem künstlerischen Organismus und ihren
Reizwirkungen Dokumente des Menschlichen,
Volklichen und Zeitlichen zu sehen und die Aus-
stellungen gerade auch in ihrem zufälligen Zu-
sammentreffen und Verschmelzen des Verschiede-
nen als einen Spiegel des Lebens zu betrachten. Bil-
der der Form können beinahe ohne jeden Inhalt
auskommen, Bilder aber der innern Anschauung
und des Gehaltlichen müssen und wollen wie eine

Kunst f. Alle. Jahre. 50. Heft 11, August 1935

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