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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 50.1934-1935

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Tietze, Hans: Amerikanisches Kunstsammeln von heute, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.16482#0289

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Franz von Stuck. Der Künstler und seine Frau

Abteilung Bildnis-Ausstellung der Großen Münchener Kunstausstellung. — Copyright 1902 by Franz Hanfstaengl, München

Amerikanisches Kunstsammeln von heute. Von Prof. Dr. h ans Tietze

Das Bekanntwerden einiger Verkäufe aus großen
Privatsammlungen hat vor einigen Monaten sen-
sationell in der amerikanischen Öffentlichkeit ge-
wirkt. Daß der Sohn J. P. Morgans, des größten
Sammlers seines Landes, herühmte Bilder weggab,
ist — im Zusammenhang mit den Erklärungen,
die darüber verlautbart wurden — als eine De-
monstration gegen die dem Großbankmann nicht
genehme Wirtschaftspolitik seiner Begierung ver-
standen worden; aber daß nur ein Teil dieser
Werke —■ ebenso wie andere, die um die gleiche
Zeit die Sammlung Clarence Mackay und den
Nachlaß Otto Kahns verließen — nicht in Ame-
rika blieben, sondern nach Europa zurückkehrten,
wurde als Niederlage des amerikanischen Sammel-
wesens empfunden. Daß die Londoner National-

galerie Mackays reizenden Sassettazyklus und Ba-
ron Thyssen mehrere andere der locker geworde-
nen Meisterwerke erwerben konnten, schien den
seit einigen Jahrzehnten gebräuchlich gewordenen
Strom der Kunstwerke nach Westen wieder umzu-
kehren. Welch ein Triumph war es gewesen, als
die ersten großen Werke über den Ozean zogen,
als vollends selbst England, das gelobte Land euro-
päischen Kunstsammelns, sich außerstande erwies,
Ilauptstücke wie Bembrandts Mühle, ja sogar
Hauptwerke der eigenen nationalen Kunst wie
Gainsboroughs ,,Blue Boy" gegen den Zugriff der
übermächtigen amerikanischen Konkurrenz zu ver-
teidigen! Lnd nun schien sich Europa zurückzu-
holen, was es damals verloren; die Unglücksdepres-
sion, die sich pessimistischen L^rteilern gern zu

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