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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 50.1934-1935

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Millenkovich-Morold, Max von: Tone Kralj
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https://doi.org/10.11588/diglit.16482#0314

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Tone Kralj. Mein Vater

Tone Kralj. Vo n Max Millenkovich-Morold (Wien)

Die letzte Wiener Ausstellung des slowenischen
Malers und Bildhauers Tone Kralj . der diese
reichen Proben seines viel reicheren Gesamtschaf-
fens nun auch in Berlin und in anderen europä-
ischen Großstädten zeigen will, hat Aufsehen er-
regt, aber auch Befremden hervorgerufen. Die
Vi iener sind durch ihre trefflichen Künstler an ge-
sunden Naturalismus, heitere Romantik und reiz-
vollen Wohnungsschmuck gewöhnt. Jahraus, jahr-
ein erfreuen sie sich ohne sonderliche Überraschung
an den schönen Landschaften, lebensvollen Bild-
nissen und leuchtenden Blumenstücken, mit denen
alte und junge Könner die Ausstellungen beschik-
ken. Doch an den Rätseln des Daseins und an den
brennenden Fragen der Gegenwart, an allem, was
Kopfweh oder Herzweh verursacht, gehen die Wie-
ner — Künstler und Publikum — mit lässiger
Scheu vorüber. Die Oberösterreicher, Kärntner und
Tiroler sind ernster und tiefer veranlagt. Sie wer-
den, wenn sie in Y\ ien ausstellen, entweder mit
Staunen oder ohne Teilnahme betrachtet. Da kam
plötzlich ein Slowene, der nicht den geringsten

Spaß versteht, mit Gemälden. Kunstblättern und
Bildwerken, die den ganzen Raum des Hagenbun-
des füllten und sich dadurch gebieterisch die Auf-
merksamkeit auch Widerstrebender erzwang. Was
Kralj früher schon in Wien gezeigt hatte, war in
seiner Vereinzelung unbeachtet geblieben. Diesmal
aber war es ein Ereignis.

Da las man nun von der ..etwas düsteren Kunst""
Tone Kraljs. Dieses Wort klingt zu matt gegenüber
der ungeheuren Schwere, mit der die Dinge der
Welt auf Kralj zu lasten scheinen. Man merkt so-
fort: er will nicht nur malen oder Formen bilden,
sondern die Ausdrucksmittel des Malers und Bild-
hauers dienen ihm zum Bekenntnisse seiner seeli-
schen Erschütterungen, seiner inneren Lebensschau.
Er leidet an der Lnvollkommenheit der Menschen
und an der Not der Zeit. Ganz besonders fühlt er
mit seinem Volke, das auch heute noch nicht in
Freiheit lebt, da ein Teil des slowenischen Gebietes
zu Italien geschlagen wurde und dort ärgere Leiden
auszustehen hat als je vorher. Kralj ist aber nicht in
einem engen Nationalismus befangen. Er gestaltet

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