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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 50.1934-1935

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Der Manierismus: eine Wiederaufstehung im Geiste
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https://doi.org/10.11588/diglit.16482#0064

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Erich Heckel. Stabträger. Zeichnung

was starren Klassizismus der Zeit um 1800. sind
'Wesenseinklänge mit den Manieristen nicht selten.
Einmal an den Gedanken gewöhnt, daß Tintoretto
seiner Hauptrichtung nach ein ausgeprägt manie-
ristischer Maler war, werden wir es nur natürlich
finden, auch das Schaffen eines Turner in Beziehung
zum manieristisch-spiritualistischen Kunstgeist zu
setzen. Und sollte nicht doch vielleicht auch die
Kunst des Marees irgendwie dem ringenden Spiri-
tualismus jener Kunst des vorgeschrittenen sech-
zehnten Jahrhunderts wesensverwandt sein?
Erst recht aber wird man dies von der Kunst unserer
eigenen Zeit behaupten können, und zwar sowohl
von ihrer eingestanden „expressionistischen" Rich-
tung, als auch von vielen Arbeiten, deren eigene Ur-
heber wohl eher einem „klassischen"" Ideal zu die-
nen glauben. Man könnte da an Schwalbach und
den russischen ..Ivlassizisten" Jaköwlew denken, an

all die neuen Italiener in der Art der Casorati, Oppi,
Tozzi. Zanini, an Fritz Hegenbarts großartige Pen-
thesileazeichnungen. Aber auch an Künstler wie
Brühlmann. Pellegrini, Birkle, Poetzelberger, wie
Teutsch, Faistauer. Von den Manieristen „beein-
flußt"" sind sie natürlich allesamt nicht, schon des-
halb, weil die hier in Frage kommenden Vorbilder
bisher meist völliger Vergessenheit anheimgefallen
waren. Aber gerade das völlig Unbewußte und Un-
gewollte solchen Einklangs ist ja der beste Beweis
dafür, daß eine echte natürliche Verbundenheit ge-
rade unserer Zeit mit der seelenhaften Ausdrucks-
kunst der Glaubenserneuerungsära besteht, und daß
es nur einiger Erkenntnisbemühung, nicht aber
einer besonderen Gefühlsanstrengung bedarf, um
dieser einer geistigen Auferstehung höchst wür-
digen Kunst auch wieder als Genießender nahe-
zukommen. F- A-

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