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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 50.1934-1935

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Hellwag, Fritz: Das Bildnis in der deutschen Plastik: Ausstellung im Prinzessinnenpalais in Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.16482#0171

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Arbeiten beisteuern konnte; sie zeigen ein
merkwürdiges Ringen des spätgotischen Mei-
sters um eine neue Ausdrucksform und sind,
da Daucher ja auch ein Chorgestühlschreiner
war. in Holz ausgeführt, wohl meist noch in
eine irgendwie architektonische Umgebung
zurückzudenken. Neben ihm erscheint das
Brustbild des Kurfürsten Ottheinrich von
der Pfalz in alabasterartigem Marmor, das
vom Louvre in Paris geliehen und hier sehr
begrüßt wurde, als die erste freistehende und
eine bestimmte Persönlichkeit darstellende
Bildnisplastik: sie war seither für niederlän-
dischen Ursprungs gehalten worden, während
der Katalog sie jetzt als deutsches Werk fest-
stellt und Joachim Deschler (um 1510 bis
1571) zuweist. Schon Adolf Dauchers Sohn,
Hans, hatte den Kurfürsten als jungen Mann
in einem Steinmedaillon, aber noch ganz in
der üblichen Huldigungsform modelliert, hier
jedoch sehen wir ihn, kurz vor seinem Tode,
auf die Bibel gestützt, in persönlichstem
Ausdruck als Bekenner seines evangelischen
Glaubens. Ein neues Gebiet war, ohne Zwei-
fel mit Absicht des kunstsinnigen Fürsten,
der deutschen Kunst gewonnen: Die Bildnis-
plastik um der Person des Dargestellten wil-
len. Leider fanden sich auf diesem Wege
noch nicht viel Mitschaffende. Der Besteller
waren noch zu wenige, und die Künstler,
die wohl zur Nachfolge befähigt gewesen
wären, etwa Mattb.es Gebel, Hans Schwarz.
Peter Dell d. A., und vor allem Friedrich
Hagenauer, blieben bei den erwähnten For-
men der Kleinplastik, in denen sie allerdings
Balthasar Permoser (1651 —1732). Selbstbildnis Hervorragendes leisteten; sie haben das

Bild vieler bedeutender Persönlichkeiten der
Reformationszeit wenigstens im Relief auf
die Nachwelt gebracht. — Dann kam die
traurige Zeit des Dreißigjährigen Krieges,
er sich über die schlechte Tagesbeleuchtung in den und als sie endete, wurden in der Porträtdarstellung
Sälen öffentlicher Anstalten, die seine Werke nicht meist niederländische Bildhauer beschäftigt,
zur rechten Geltung kommen ließ, beklagte, die Barock und Rokoko hatten andere Neigungen und
Forderung aufgestellt: ,,Schön war es, wenn es sich pflegten mehr die Gartenplastik und das Denkmal
ziemte, eine Lampe vor einem solchen Bildnisse unter freiem Himmel, für das es mehr auf die be-
aufzuhängen, wie die Katholiken vor Heiligenbil- wegte Gesamtsilhouette als auf den geistigen Aus-
dern tun, dann würde man sie zur Nachtzeit gut druck der Dargestellten ankam. Andreas Schlüter,
sehen, und das ist für denMarmor das beste Licht.1" der in seinen Köpfen am Berliner Zeughaus eine
Also nahmen auch wir die Not für eine Tugend, so erstaunliche Begabung für Physiognomik bewie-
denn Schadow mußte es doch wissen . . . sen hat, beschäftigte sich kaum mit Bildnisplastik.

Die Ausstellung begann logisch mit der Wende des In Süddeutschland waren die Künstler fast aus-
15. Jahrhunderts, da die Baukunst im Rückgang schließlich im Dienste der Kirche tätig, so daß der
begriffen war und Bau- und Grabmalplastik dem- Schwerpunkt auf jenem Gebiet nach Norddeutsch-
entsprechend immer weniger verlangt wurden. Die land rückte und dort verblieb. Vorerst aber be-
Bildhauer mußten sich umstellen und betätigten schäftigte Friedrich der Große ausschließlich Fran-
sich jetzt mehr und mehr in der Kleinplastik, in zosen. deren französischen und italienischen Hilfs-
Plaketten, Medaillen und Schaumünzen. Der erste, kräften Gottfried Schadow eine grundlegende tech-
der, wohl von Jakob Fugger nach Oberitalien ge- nische Begabung nachrühmte: „Von daher schreibt
sandt, mit der italienischen, bereits im späten Sta- sich die ganze Verfahrungsart, welche alle Vorteile
dium befindlichen Renaissance- in direkte Berüh- vereinigt, um prompt und exakt den Marmor zu
rung kam, war Adolf Daucher (um 1460—1525), behandeln." Zu einem dieser Künstler ,,aus der lie-
von dem das Deutsche Museum eine Reihe guter derlichen Nation" — wie Friedrich II. sich aus-

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