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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 50.1934-1935

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Moshage, Heinrich: Gedanken zur Porträtplastik
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https://doi.org/10.11588/diglit.16482#0184

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Heinrich Moshage. Hochzeitsplakette

Gedanken Zur PorfrätplaStik. Von Heinrich Moshage

Alle Kunstausstellungen der letzten Jahre weisen den Wunsch nach einem „Abbild" erhöht, und somit
eine erstaunliche Zunahme von Porträtplastiken auf. die Vielzahl der Bildnisse mitbedingt, wie es z. B. in
und die letztjälirigen Ausstellungen in München, der römischen Hoch-Zeit des Porträts der Fall war,
Berlin und Düsseldorf zeigen die heutige Plastik fast ist noch nicht klar zu übersehen.)
ausschließlich durch Bildnisbüsten. Zahlenmäßig Warum aber halten im Durchschnitt die Bildnisse
gesehen scheint eine große Zeit des plastischen Por- unserer Zeit den Vergleich mit den Blütezeiten ver-
träts im Anzüge zu sein, prüfen wir aber diese Ar- gangener Porträtkunst so schlecht aus? Die heutigen
beiten eingehend, müssen wir zugeben, daß nur Menschenhäupter sind nicht belangloser, das for-
wenige überzeugen und wir noch weit von einer male und technische Können ist nicht geringer, das
Blütezeit des Porträts entfernt sind. psvchologische Charakterisierungsvermögen der
Mitbestimmend für die Entstehung dieser großen Bildner nicht schwächer. Aber die vergangenen
Zahl von Bildnissen ist wohl die heutige Lage der Glanzzeiten der Porträtplastik kannten nicht die ver-
Plastiker. Aufträge für große Kompositionen sind bildenden Wirkungen der mechanischen Wiedergabe
selten, erfordern auch viel Zeit und Geld, und wie durch die Photographie! Das Kriterium der identi-
es mit den wirtschaftlichen Verhältnissen, ja Miß- sehen Wiederholung des Objekts durch die Linse
Verhältnissen der Künstler bestellt ist, dürfte allge- war unmöglich, und welcher Auftraggeber einer
mein bekannt sein. Da ist es dann einfacher und Bildnisbüste versagt sich heute diese Kritik! Kaum
möglicher, Bekannte, Freunde und Gönner zu por- einer ist sich bewußt, daß „sprechende Ähnlichkeit",
trätieren, eine allseits befriedigende Ähnlichkeit ist die seine, von der mechanischen Wiedergabe irre-
nicht unschwer zu erreichen und somit immer noch geleitete Anschauung fordert, nichts mit dem Wert
eine Gelegenheit zum Erwerb gegeben. fOb auch und Wesen der Bildnisplastik gemein hat. Aber nicht
das gesteigerte Bassegefühl des heutigen Menschen nur der fordernde Laie stellt widersinnige Ansprüche

Kunst f. Alle, Jahrg. 50, Heft 7, April 1935

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