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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 50.1934-1935

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Kuhn, Alfred: Polnische Kunst von heute: anläßlich der in deutschen Städten stattfindenden Wanderaustellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.16482#0228

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und Jarocki, Pautsch. Sichulski. die Folkloristen,
sind. Der weitere Rahmen der Bewegung war die
Künstlervereinigung der ..Sztuka"". Im Gegensatz
zur Adelsliteratur der früheren Zeit, versenkte man
sich in die Schöpfungen des einfachen Volkes, vor
allem des Bauern, indem man ihn als den eigent-
lichen Quell der nationalen Kraft und somit der na-
tionalen Erneuerung erkannte, man studierte den
primitiven polnischen Yolksholzschnitt, die alte
Holzbauweise und dann vor allem die prachtvolle
Volkskunst, wie sie ungebrochen, ja kaum getrübt,
besonders in den Vorbergen der Tatra und im Hu-
zulengebiet blühte. Gelehrte. Maler. Architekten
und Schriftsteller wetteiferten miteinander, die
Kenntnis dieser Dinge zu vertiefen und zu verbrei-
ten und sie dem nationalen Bewußtsein als Nahrung
zuzuführen.

Aus dieser zweifellos etwas antiquarischen und folk-
loren. wenn auch von leidenschaftlichem Elan ge-
tragenen Bewegung der ..Sztuka" ist dann die heu-
tige polnische Kunst hervorgegangen, in der ein
mächtiger Zweig die nationale Xote unentwegt be-
wahrt hat. Mochten auch Plainairismus. Kubismus

und andere Ismen Eingang in die polnische Kunst
finden — bestand doch seit 1850 eine polnische
Künstlersektion in Paris — so war doch der Samen,
den die ..Sztuka" ausgestreut hatte, so kräftig. Per-
sönlichkeiten wie Wvspianski. Malczewski, trotz
ihrer überlebten Ausdrucksmittel so übermächtig,
daß der nationale Gedanke als bedeutungsvoller
Faktor künstlerischen Schaffens seine entscheidende
Wirkung behielt.

Der vor kurzem verstorbene YYladislaw Skoczylas ist
in diesem Zusammenhang in erster Linie zu nennen.
Auch er entbehrt nicht der Verbindungen mit
Deutschland, so wenig wie viele der Sztukakünstler.
hatte er doch in den ersten Jahren nach der Jahrhun-
dertwende den Einfluß der ..Brücke" in Leipzig er-
fahren, aber wie jene es vermochten, das Fremde in-
nerlich zu verarbeiten und in ein Polnisches überzu-
führen.so schuf Skoczylas aus französischer und deut-
scher Holzschneidekunst in Verbindung mit der alten
Yolksgraphik seiner Nation den eigentlichen pol-
nischen Holzschnitt der Gegenwart, der zum Besten
gehört, was heute überhaupt auf diesem Gebiete ge-
zeigt werden kann. Wieder ist es der „Wahn und

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