Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 50.1934-1935

DOI Artikel:
Nasse, Hermann: Die Wandgemälde der deutschen Romantiker im Casino Massimo zu Rom
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.16482#0295

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Schnorr von Carolsfeld. Aus den Wand-

und Deckenbildern im Casino Massimo zu Rom

Bouillons zum Führer der Kreuzfahrer einsetzen,
die sich in den Märchenzauber der Erlebnisse Ri-
naldos und Armidas und anderer Liebespaare ver-
senken, führte Overbeck 1819—1824/25 aus, die
Sockelfriese mit Führich zusammen, während letz-
terer allein 1827—1829 drei Fresken ausführte.
Schnorr von Carolsfeld aber führte die Gemälde
zum Rasenden Roland in Verbindung mit den
Kämpfen der Sarazenen gegen Karl d. Gr. und des-
sen Paladine von 1825—1827 aus. Er beginnt mit
dem Bilde, auf dem Angelica ihren und Medors
Namen in die Rinde eines Baumes schneidet, wor-
über der in sie verliebte Roland in Raserei fällt.
Die Geschichten anderer Helden und heldischen
Frauen: Astolf, Brandimart und Fleurdelys, Me-
lissa und Bradamante in der Höhle Zerbins usw.
werden in charakteristisch romantischer Weise ein-
geflochten; dann heben die Sarazenenkämpfe vor
Paris, die Schilderung des Durchmarsches des Hee-
res Karls d. Gr. durch Paris usw. mit dem Haupt-
bild des „Triumphes Karls d. Gr." an, um mit dem
sogenannten ,,Sechskampf" zu schließen. Schnorr
ist also der Einzige, dem es vergönnt war, die ihm
gestellte Aufgabe ohne Mitarbeit dritter durchzu-
führen, woraus sich die ganz besondere Einheit-
lichkeit des Ariostzimmers erklärt.
Ein leidenschaftliches künstlerisches Temperament
sprüht aus den mannhaft kernigen, erregten Bil-
dern Kochs, der Hölle und dem Purgatorium. deren

wundervoll unbekümmerte, ehrliche Nacktheit der
Prüderie ein Anstoß wurde, so daß leider Überma-
lungen vorgenommen wurden. Cornelius wäre es
wohl ähnlich ergangen! Bei Overbeck ist dem sinn-
licheren und auch naturalistischeren Veit gegen-
über, der seinerseits eine frohe und leuchtende,
stärker modellierende Farbigkeit geltend machen
lassen darf, gegenständlich das ethisch Strenge, das
erhaben Sittliche, das unbefangen Hingebende, in
der Zeichnung und Färbung aber eine gewisse Zu-
rückhaltung bei leise klingender Melodik charak-
teristisch. Schnorr, der übrigens seine herrlichen
Kartons fast höher einschätzte als die ausgeführten
Fresken, zeichnet sich durch unmittelbaren Wirk-
lichkeitssinn, überzeugende Schlagkraft und eine
vom Bunten zum wärmer Tonigen fortschreitende
Farbigkeit aus. Wir stehen nicht an, in ihm, in
Schnorrs Bildern, vornehmlich in dessen Zeichnun-
gen und Kartons, einen Hinweis schon auf Rethel
zu erblicken. Bei ihm und Overbeck handelt es sich
zugleich in der Tat am augenfälligsten um jene
allgemeingültige historische „Romantik, die in die
nächste Zukunft" leitet. Allen beteiligten Künst-
lern gemeinsam aber ist die der Zeit entsprechende
Linienbetontheit, ist die symbolische Gestaltungs-
weise, ist das Suchen nach der nordischen Schön-
heit, wie denn nach Schlegel, dem geistigen Nähr-
vater dieser Romantik, alle Schönheit Allegorie ist.

Nasse

Kunst f. Alle, Jahrg. SO, Heft 11, August 1935

35

269
 
Annotationen