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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 50.1934-1935

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Grote, Ludwig: Salzburg als romantisches Ideal
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https://doi.org/10.11588/diglit.16482#0327

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leichten Weißhöhungen gesetzt hat. sie gehören zu
den hedeutendsten Dokumenten deutscher roman-
tischer Zeichenkunst. Es ist erstaunlich, welche
Farbigkeit Ferdinand Olivier mit den Graustufen
des Bleies zu erreichen und wie er die präziseste
Durchzeichnung der Form mit dem unfaßbaren
Weben milden Sonnenlichtes zu verbinden weiß.
Für den Romantiker erhielt Salzburg seine Besee-
lung durch den überall gegenwärtigen Atem des
Christentums. „Salzburg ist ein heiliger Herd
der größten Erinnerungen.'' Das Allerheiligste von
Salzburg, der Petersfriedhof, mit den Katakomben
der ersten Christen, der edlen Gotik der Margare-
tenkapelle am Fuße der steilen Xagelfluhwand des
Mönchsberges, hat den Romantiker vor allem ange-
zogen. Er ist ihm nicht nur Mahnung an die Ver-
gänglichkeit, sondern die Stätte, die dem Menschen
zum Bewußtsein bringt, daß er durch die Folge
der Generationen mit der Geschichte verbunden ist,
und daß alle seine Vorfahren ihre Ruhe unter dem
Kreuze gefunden haben. Die kirchlichen Bauten
und Denkmale stehen mit den Erinnerungen des
Rittertums der Hohen Feste in jener Harmonie,
die das Mittelalter zum Ideal der Romantik macht.
Selbst die vielen Denkmale des Barocks, das die Ro-
mantik sonst verabscheute, zerreißen hier nicht die
Kette der Tradition, mit der die Gegenwart mit
jener hohen Zeit der Vergangenheit verbunden ist.
Ferdinand Olivier hat die Eigentümlichkeit der
Lage Salzburgs zwischen dem Kapuziner- und

Mönchsberg am Ufer der Salzach künstlerisch aus-
gewertet. Das dichte Heranrücken der Berge an die
Stadt verursacht ein mannigfaltiges, reizvolles,
räumliches Auf und Ab und läßt Landschaft und
Architektur ineinanderspielen. Immer wieder hat
Ferdinand Olivier das Grüßen aus der Tiefe her-
auf und den Blick von oben hinein in die Stadt dar-
gestellt.

Das Salzburger Land verliert sich nicht in schran-
kenlose Weiten, in der Ferne schließen es Göll,
Watzmann und Lntersberg als Schutzmauer ab.
Der Mensch verlangt nicht danach, sich über sie
hinauszuschwingen. Den nordischen Geist C. D.
Friedrichs hätte es auf die Firnen und Schrofen
des Hochgebirges getrieben, um Gottes Erhaben-
heit im Schauer der Einsamkeit zu fühlen. Die Ro-
mantik von Ferdinand Olivier ist nicht von so er-
habener Subjektivität, sie verlangt nicht nach
Grenzenlosigkeit. Sie führt ihn zur Gemeinschaft,
sucht nach den Zeugnissen völkischer und christ-
licher Verbundenheit seit dem Mittelalter und läßt
ihn in der Landschaft die ideale Harmonie von
Mensch und Xatur finden. Die immergrünen Wie-
sen mit der Kleinwelt von Gräsern und Blumen auf
dem bewegten Gelände, unterbrochen von Busch-
werk, Bäumen und kleinen Hainen, die verstreuten
Bauerngehöfte machen die Salzburger Landschaft
formenreich und menschennah. Die Xatur fügt
Raum an Raum, der Mensch folgt ihr und faßt mit
Mauern, Wegen, Zäunen kleine Bezirke ein. Jeder

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