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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 56.1940-1941

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Griebitzsch, Herbert: Der Maler Carl Schneiders, Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.16489#0022

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Carl Schneiders. Weite Landschaft

abgesteckt. Vom Erleben her bestimmt die schwere,
verinnerlichte Weise nordischer Art das Gehaltene
der deutschen Landschaft. Ihre innere Dramatik
kommt zu Wort. Der künstlerische Aufbau aber zeigt
sich geläutert durch südliche Klarheit und von natur-
hafter Schönheit bestimmt. Der frühe Standpunkt
eines Schweigens in starker Farbgebung ist einer
Malweise gewichen, die farbig baut. Die Fülle der
Erscheinung zeigt sich klug gebändigt und bleibt
doch im Besitz ihrer wesensgemäßen Lebendigkeit.
Diese Polarität bestimmt diese Kunst, und aus ihrem
Wechselspiel erwachsen die einzelnen Werke. Eine
..Weite Landschaft" hat bei allem Duft und Glanz,
der über Baum, Tiefe und der gebirgigen Ferne
liegt, einen betonten, großzügigen Aspekt. Der neu-
trale Titel zeigt deutlich, wie es um eine Heroisie-
rung des unmittelbar erlebten Natureindruckes geht.
Andere Arbeiten neigen zu lyrischer Idyllik. Zart,
fein erhebt sich der baumbestandene landschaftliche
Hintergrund. Davor breitet sich der gedämpfte Spie-
gel eines Sees, und ruhig, malerisch gelagert, sind
einige Menschen dieser traumhaften Wirklichkeit
eingeordnet. Aber bei aller Stille und Innerlichkeit,
spielerisch oder nur dekorativ wirkt diese Kunst nie.
Einige Frauenbildnisse aus der römischen Zeit zei-
gen das wahre Ziel ganz offensichtlich. Die anmutige
Römerin steht in bester Gefolgschaft. Ihre Anmut ist

bestrickend. Zugleich aber besticht die unmittelbare
Vitalität und gesunde Kraft, mit der Schneiders diese
Frau zu geben weiß.

So augoffen diese Kunst ist, impressionistisch ist sie
dennoch nicht. Die erstrebte Arerdichtung und oft
malerische Heroisierung bedingt zugleich eine ge-
bundene Farbigkeit. Die Farbskala bevorzugt ernste,
getragene Töne, die das Gehaltvolle von Natur und
Dasein besonders deutlich machen. Dies bezeugen
nicht zuletzt die für Schneiders charakteristischen
Temperablätter. Hier haben wir oft seine ersten Ein-
drücke vor uns. Nicht die flüssige Wasserfarbe reizt
den Künstler. Das strengere Tempera ist sein Me-
dium, das Gefügte und Schwere seiner Art. Diese
Blätter haben deshalb nie ein skizzenhaftes Gepräge.
Sie sind bündige Leistungen, die nur mit besonde-
rem Schmelz der jeweiligen Naturstimmung nach-
gehen. Der silbrige Duft des Niederrheins wechselt
mit der satten Farbigkeit südlicher Landschaft. Auch
Bildnisse finden sich, die mit der Frische des Ein-
druckes die Größe einer gereiften Bildvorstellung
verbinden.

Wo wir auch diese Kunst fassen, ihre Fülle zeigt stets
die gleiche Könnerschaft. Eine arbeitssame, aber auch
künstlerische Kraft ist am Werk, die in eigener Weise
die flüchtige Welt der Erscheinung in ihrem Wesent-
lichsten zu gestalten weiß.

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