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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 56.1940-1941

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Hartlaub, Gustav Friedrich: Meisterkopien
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https://doi.org/10.11588/diglit.16489#0225

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B Kunstbibliothek
Staatliche Museen

Wilhelm Leibi

Schäferszene

Freie Sludienkopie nach
Rubens Gemälde in der
Neuen Pinakothek in
München.

Leibi hat die altmeister-
liche Lasurentechnik des
Originals in seine Prima-
malerei übersetzt.

Meisterkopien. Von G. F. Hartlaub

L

Beim Aussprechen des Wortes „Kopie" stellen sich in uns
vielleicht etwas frostige Vorstellungen ein. Wir denken an
den Zwang des Kopierens im Lehrbetrieb mancher Kunst-
schulen älteren Stils. Allzu oft haben wir auch in den
„gebildeten Häusern" jene öldruckhaften Malwiedergaben
immer der gleichen Madonnen des Raffael, derselben Flora
von Tizian sehen müssen. „Kopieren": da erinnert sich
mancher an gewisse fragwürdige Überschätzungen, etwa
an den Grafen Schack, der einen wahren Kopisten-Exer-
zierplatz kommandierte, oder gar an den Berliner Muse-
umsintendanten Graf Usedom, der, zum Schrecken des
jungen von großartigen Plänen beschwingten Wilhelm
Bode, an Stelle von Neuerwerbungen herrlicher Originale,
wie sie damals noch in Fülle möglich waren, eine Staats-
Sammlung von Kopien plante!

Der ganze Begriff bedarf einer Ehrenrettung. Manche
Kunstfreunde sehen wohl gar nicht ohne Genugtuung,
wie trotz der wirtschaftlichen Bemühung ganzer „Vereine
kopierender Künstler" die gedruckte Farbenwiedergabe
bereits die handgemalte Nachbildung zu verdrängen be-
ginnt — obschon sich grundsätzlich eine Reproduktion, sei
sie noch so vortrefflich, niemals mit einer im wesensglei-
chen Stoff vollzogenen Nachschöpfung vergleichen läßt.
Leider haben nur die Kopisten, wenigstens im jüngst ver-
flossenen bürgerlich-industriellen Zeitalter, uns bisweilen,
indem sie ihre Arbeit zum Schnellbetrieb herabwürdigten,
vergessen lassen, daß Kopie eben kein mechanischer Ab-
klatsch ist. Selbst die beste und auch genaueste gibt nicht
die vollkommen wesensgleiche Wiederholung des Origi-
nals. Keine sollte sie auch geben wollen! Eine sozusagen

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