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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 56.1940-1941

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Stommel, M. A.: Flämische Kunst der Gegenwart in Deutschland
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https://doi.org/10.11588/diglit.16489#0304

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Albert van Dyck. Lesendes Mädchen

Flämische Kunst der Gegenwart in Deutschtet nd. Von M. A. Srommel

Im Konzert der künstlerischen Schöpfungen der euro-
päischen Staaten war auch die Einzelstimme Belgiens
mitvertreten und sie ist mit ihren Spitzenleistungen
noch in den letzten Generationen gehört und verstan-
den worden. In Malern wie Alfred Stevens und James
Ensor, Plastikern wie Meunier und Minne. Graphi-
kern wie Rops und Masereel, Architekten wiePoelaert
(Justizpalast) und van de A7elde zeichnete sich das
nach dem Norden und dem Westen gerichtete kultu-
relle Doppelgesicht wie die wachsende induvialistische
Zuspitzung seit den siebziger Jahren ebenso ab wie
sich in dieser Namenreihe — pars pro toto — Bel-
giens Anteil am europäischen Kunstschaffen spiegelt.
An die Stelle der staatlich-politischen Sicht auf das
Kunstwerk ist heute die völkisch-stammesmäßige ge-
treten. Die Gegenwart hat sich von dem das Kunst-
werk vereinzelnden, rein artistischen Blickwinkel frei
zu machen verstanden und sucht eine tiefer liegende,
volkstümlich gebundene Schicht aufzudecken und
herauszustellen. Den Wandel der Blickrichtung zeigt
schon der Name der Ausstellung ..Flämische Kunst
der Gegenwart" an, mit der Großdeutschland mitten

im Kriege unbeirrt dem geistigen Austausch und der
Annäherung unter den germanischen Stammesver-
wandten dient.

Nicht ohne Grund ist die Schau der flämischen Künst-
ler vor der Beichshauptstadt zuerst im Rheinland aus-
gestellt worden, dessen Stromlandschaft sich seit
jeher als glücklicher Mittler des wechselseitigen Ge-
bens und Nehmens zwischen dem Norden und dem
Süden, dem Westen und Osten erwiesen hat. Wie in
der Spätgotik, im Goldgerät, in den YV irkteppichen,
Miniaturen und Glasscheiben, Altarwerken und ge-
malten Tafeln die Elemente rheinischer und flämi-
scher Art zusammenklingen, sich binden, verschmel-
zen, gegenseitig steigern und bis in den hohen Norden
und an die Ostsee hin fruchtbringend wirken, wie im
Hochbarock das Phänomen Rubens die Welt be-
herrscht, so überglänzt um die Wende vom siebzehn-
ten zum achtzehnten Jahrhundert eine höfisch-inter-
nationale Malerei und Plastik flämisch-niederländi-
schen Ursprungs die engere kurfürstliche Welt des
Düsseldorfer Hofes, und noch die nationale Spät-
romantik der Antwerpener Schule hat um Mitte des

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