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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 56.1940-1941

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Bürkel, Ludwig von: Das "Album" Bernhard Hausmann, Hannover
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https://doi.org/10.11588/diglit.16489#0108

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J. M. Neher. Bei Florenz

Die besonders reiche Auswahl Münchner Künstler in
der Sammlung hat Veranlassung gegeben, die jetzige
Besitzerin Frau Grotrian Steinweg in Braunschweig
zu bitten, die Blätter zu einer Ausstellung im Münch-
ner Kunstverein zur Verfügung zu stellen. Trotz der
Gefährdung durch Kriegszeiten wurde der Bitte vor
kurzem willfahren.

Unter den abgebildeten Arbeiten findet der Betrach-
ter eine von zwei Zeichnungen von der Hand Leo von
Klenzes mit hinzugefügten Figuren von Peter Heß
in Aquarell. Die Blätter hatten den Zweck, einen an-
schaulichen Situationsplan zu einer projektierten
Markthalle in München zu geben, das seit alters Um-
schlagplatz für das Getreide Ober- und Niederbayerns
war. Als ihr Standort war der, durch die Einebnung
der Stadtwälle entstandene Dultplatz (heute Maxi-
miliansplatz) ausersehen. Dessen in Aussicht ge-
nommene Formung mit zwei — den später vor der
Universität entstandenen ähnlichen — monumen-
talen Fontänen gibt der Entwurf wieder. Ein wert-
volles Dokument zum „nichtgebauten München".
Die Ähnlichkeit des geplanten Baues mit dem Kriegs-
ministerium ist unverkennbar.

So großartig Klenzes Bauidee war, so sehr versetzt
uns das kleine Kunstwerk in die glückliche, seelisch

beruhigte Biedermeierzeit. Eine Biedermeieridee war
des Herrn Hausmann Sammlung, und in der hanno-
veranischen Biedermeier-Residenz entfaltete er seine
Tätigkeit. Er war Kaufmann und stellte in seiner
Goldwirkerei den reichen Schmuck der Hof- und
Militäruniformen her. Hinzu trat der Tuchhandel.
Auf eigenem Pferd ritt er zur Braunschweiger Messe,
in eigenem Wagen, mit Extrapost bespannt, unter-
nahm er häufige und weitausgedehnte Beisen. Die
Stadt trug ihm stets neue arbeitsreiche Ehrenstellun-
gen an, und als Kommandant der Bürgerwehr, hoch
zu Pferd, würde er selbst ein prächtiges Modell für
Peter Heß abgegeben haben. Weit über den kleinen
Provinzrahmen hinaus aber ragt seine sonstige Tä-
tigkeit. Er wird der Verantwortliche für den 1840
einsetzenden Eisenbahnbau im Königreich und bald
darauf Organisator der Eingliederung in den Zoll-
verein. Daneben entfaltet er reichste Tätigkeit in den
verschiedensten Kulturgebieten. Als vorzüglicher
Geiger spielt er im Quartett mit Joachim. Er dirigiert
sein Liebhaberorchester, und im Bestreben, das edelste
Instrument zu spielen, erwirbt er eine Amati, dann
eine Guarneri-Geige, um schließlich in Mailand
eine Stradivarius in die Hand zu bekommen. Der
noch im 18. Jahrhundert Geborene besitzt schon vor

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