Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 56.1940-1941

DOI Artikel:
Nemitz, Fritz: Gottfried Schadow, der Zeichner
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.16489#0157

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
■JM.

Gottfried Schadow. Kaffeevisite. Bleistiftzeichnung

Preußische Akademie der Künste, Berlin

Gottfried Schadow, der Zeichner. Von Fritz Nem

itz

Schadow, der Bildhauer, hat als Zeichner begonnen, des Chefs der königlichen Bildhauerwerkstatt. Dort

und Zeichnungen sind das Letzte, womit er, halb erkannte man die Begabung des jungen Berliners,

schon erblindet, seinen langen Weg beschließt. und so zeichnete er unter Aufsicht von Madame

Zeichnen machte dem Knaben auf der Berlinischen Tassaert zusammen mit ihren sieben Kindern „über

Stadtschule zum Grauen Kloster das meiste Vergnü- Jahr und Tag von morgens bis abends mehrenteils

gen, und vor den Kupferstichauslagen des italieni- nach Boucher".

sehen Händlers in der Breiten Straße „vertrödelt er Tassaert glaubte, Schadow hätte kein Talent zum

angenehmste Stunden". Den Wunsch des Sohnes Bildhauer. Er wollte ihn zum Kupferstecher machen,

nach methodischem Unterricht konnte der Vater nicht wozu er sich auch wegen seines „kurzen Gesichtes"

erfüllen. Die zwölf Taler Schulgeld waren das besser eigne. So sind die ersten Arbeiten Schadows

äußerste, was der biedere Schneidermeister für seine Radierungen im Stile des Bokoko.

beiden Söhne aufbringen konnte. Aber er hatte einen Schadow interessierte sich für alle Arten graphischer

säumigen Kunden: Giovan Battista Selvino — trotz Technik. Nur den Holzschnitt hat er nicht gepflegt,

des italienischen Namens ein echter Berliner —, der Als in Berlin 1804 die ersten Lithographien erschie-

als „compagnon pensionär" in der Werkstatt des nen, war auch Schadow mit zwei Entwürfen

königlichen Hofbildhauers Tassaert arbeitete. Und vertreten. Und seine lithographierten Bildnisköpfe

so sagte der Vater Schadow eines Tages: „Mein Gott- — es sind nur wenige — gehören zu den reifsten

fried will Zeichnen lernen, also auf zu Selvino!" Leistungen jener Zeit überhaupt. In ihrer Mischung

Selvino, als Lehrer ebenso gewissenhaft wie als Kunde von ursprünglichem Naturgefühl und klarer Form,

säumig, gab ihm den ersten Unterricht. in ihrer edlen Haltung stehen sie den berühmten

Durch Selvino kam Schadow in das Haus Tassaerts. Bildnissendes französischen Malers David nicht nach.

Kunst für Alle, Jahrg. 56, Heft 4, Januar 1941

10

73
 
Annotationen