Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 56.1940-1941

DOI Artikel:
Goeritz, Mathias: Aquarelle des Malers Max Kaus
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.16489#0174

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Max Kaus. Schreitende Frauen am Meer

seits, aus Armlage und Schulterstellung andrerseits
ergibt, ist folgerichtig durch verschiedene Bildfakto-
ren — in Form eines abgeschnittenen Rahmens oder
einer Sessellehne — kompositorisch ergänzt. Wie
stark Kaus im Aufbau des Gemäldes formt und das
Gegenständliche dem Bildganzen anpaßt, mag aus
dem Vergleich des auf dem Gemälde in der linken
oberen Ecke dargestellten Aquarells „Fischkutter
vor Anker" mit der wirklichen Arbeit hervorgehen.
Um die weitausladende Bewegtheit der auf der rech-
ten Seite stehenden Blattpflanze auszugleichen, benö-
tigt er einen stärkeren Akzent, als ihn dieser Teil des
Aquarells tatsächlich bietet. Und so zieht er den Bug
des vorn liegenden Schiffes weiter nach rechts, um
ihn stärker belebend im Bild zu sehen. Diese Fülle
von Abstufungen vermag das Aquarell nicht zu ge-
ben, ebensowenig wie es jene tiefe und ruhige
Menschlichkeit, die von dem Gemälde ausgeht, aus-
zudrücken imstande ist. Die Anmut und weiche Ge-
lassenheit im Wesen der weiblichen Gestalt, der
eigentümlich träumende Blick ihrer Augen sind die
hauptsächlichen Kräfte, denen das Mittel der Kompo-

sition als Unterbau dient, und die dem Bilde die ihm
innewohnende große Ausdruckskraft verleihen. In der
Verschmelzung von Gegenständlichem und Abstrak-
tem findet Kaus so den Höhepunkt seiner Kunst.
Dem Aquarell sind andere Werte eigen. In ihm
erfaßt Kaus spontan die Schönheit der Landschaft
oder der Bewegung, es ist der unmittelbare Ausdruck
seines tiefen Naturerlebens. Eine flammende Bewe-
gung in Form und Farbe, die durch die Verbindung
mit der harten Begrenzung der Komposition inner-
halb des einzelnen Bildes eine große und eigene Er-
regung schafft, durchzieht jedes seiner Werke. Eine
seltsame Unruhe, fast ein Lodern in den Wolken,
Wellen oder Körpern steht der festen Gliederung der
Form gegenüber; gerade in diesem nur scheinbaren
Gegensatz entsteht eine allen diesen Arbeiten eigene
große dynamische Kraft. Darüber hinaus spricht aus
ihnen immer die gleiche starke Bejahung der Wirk-
lichkeit, die tiefe Verbundenheit mit der Natur, ein
Verwachsensein mit der deutschen Landschaft und
dem Menschen, der in ihr lebt.

90
 
Annotationen