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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 56.1940-1941

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Benz, Richard: Bilder zu Brentanos Märchen
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https://doi.org/10.11588/diglit.16489#0176

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schuf, den Mythos von der Lore Lay, die in dem Wieder muß an das einfache Tatsächliche erinnert
Lied „Zu Bacherach am Rheine wohnt eine Zau- werden: daß auch die romantische bildende Kunst,
berin" zum erstenmal erscheint, hat auch in den die doch so sehr zur Inspiration durch Dichtung
Märchen jene höchste mvthenbildende Kraft des drängte, das Brentanosche Märchen nicht gekannt
Naturdichters, die Kraft der Namengebung erwie- hat und seine Verbildlichung uns schuldig blieb,
sen — aber sie ist. wie überall bei ihm, von einer Pforr und Cornelius haben Götz und Faust, Rubi
ebenso grotesken wie innig beseelenden Kinderphan- und Fohr Tiecks Melusine und Fouques Undine illu-
tasie bestimmt: sie beschwört nicht vergangene sagen- striert — Brentanos Märchen trat nicht in ihre
hafte Zeit, sondern das Überall und Nirgendwo des Sphäre. Dabei hat niemand von den Dichtern der
ewigen Kinderparadieses, das in aller Seligkeit und romantischen Kunst so nahe gestanden wie Brentano,
grausamen Bedrohung, in allem Verlieren und Wie- gerade weil er alle Künstler, die er kennenlernte, so-
derfinden nur durch den tiefen Ernst des schauenden fort auch als Verbildlicher seiner Dichtung sah. Der Zu-
spielenden Kindes da ist. sammenklang mit Runge, den er leidenschaftlich
Brentano hat sich seine Märchen nie anders als mit wünschte, war durch dessen frühen Tod unmöglich
Bildern gedacht. Die Probe auf den Reichtum und gemacht. Die Freundschaft mit Schinkel führte zu
die Gestalthaftigkeit seiner inneren Anschauung ist Märchenbilderplänen, aber zu keinem Werk. In den
das Bild. Ist es ein romantisches Bild? dreißiger Jahren las er in München die Märchen oft

in einem Künstlerkreis vor, zu
demPocci,Schwind, Neureut -
her, Kaulbach gehörten —
manches soll während der
Lesung als flüchtige Impro-
visation entstanden sein: er-
halten hat sich nichts, bis auf
ein Blatt zum Myrthenfräu-
lein von Schwind, den Bren-
tano vor andern hochhielt und
mit dem es doch zu der ernst-
'1 7 ': _ lieh geplanten Zusammen-

arbeit nicht kam. Hat der
' ~ ■;■<-.... •'• Dichter es seinen Künstler-

freunden durch seine Launen
oder Ansprüche verleidet,
oder standen sie ihm zu nah,
nur persönlich nah, als daß
_ . sie später, als sein Gesamt-

werk vorlag, sich wieder den
Märchen, den gedruckten,
ohne den Zauber seiner Wie-
dergabe zuwenden konnten?
' • • Vp Selbst der Letzte hat hier ver-

i V - sagt, der junge Edward von

Steinle. auf den Brentano alle
- ' Hoffnung setzte, mit dem er

eigens die Rheinlandschaft
bereiste, um ihm alles zu wei-
sen — die Bilder im Guaita-
haus in Frankfurt, die nach
Brentanos Tod zu den Rhein-
märchen entstanden, wären
kaum im Sinne des Dichters
gewesen: eher die wenigen
erhaltenen Zeichnungen da-
zu: aber das war nur ein
Bruchteil von dem, was zu
leisten gewesen wäre.
So ist es schließlich Bren-
tano selber gewesen, der ein
Märchen wenigstens ganz
mit Bildern versah: das Mär-
chen von Gockel, Hinkel
und Gackeleia, das in der

Petra Clemen. Prinz Mausohr lockt die Kinder in den Rhein stark veränderten religiösen

Illustration zu Brentanos Märchen Altersfassung als einziges ZU

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