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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 56.1940-1941

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Straube, Herbert: Hans Wissel
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https://doi.org/10.11588/diglit.16489#0221

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sondern die gute handwerkliche
Durchbildung und die Beherr-
schung aller technischen Mittel
als Grundlage für eine erfolgreiche
künstlerische Tätigkeit. In den
Kölner Werkschulen entwickelte
der Künstler auch eine besondere
Art der Metallbildnerei, nämlich
vollplastische, lebensgroße Figu-
ren aus Kupferblech zu treiben.
Die einzelnen Teile des Körpers
werden in langwieriger Arbeit aus
dem entsprechend zugeschnitte-
nen Kupferblech mit dem Ham-
mer herausgetrieben und sodann
vernietet und gelötet. So gibt ein
weiblicher Torso des Künstlers
einen Begriff davon, zu welcher
künstlerischen Höhe diese Tech-
nik gesteigert werden kann. Und
abgesehen von dem rein künstleri-
schen Moment ist sie auch vo»
hohem erzieherischem Wert. Denn
das bloße Modellieren in Ton kann
nie jenenGrad seelisch erSpannung
und künstlerischer Reife erzielen,
den die unmittelbare Arbeit im
Werkstoff selbst, in Stein, Holz
oder wie hier in Metall verleiht.
Wissel ist durch diese Art der
Kupferbildnerei weithin bekannt
geworden, er hat mit seinen Schü-
sern in Köln bis zum Jahre 1930
in reger Gemeinschaftsarbeit eine
Reihe bedeutender Aufträge aus-
führen können. Einige dieser jun-
gen Künstler betätigen sich bereits
seit längerer Zeit mit großem Er-
folge selbständig auf diesem Ge-
biete. Besonders mag hier noch
die überlebensgroße und außeror-
dentlich fesselnde, in Kupfer ge-
Foio Braken, Kömgsberg triebene Lutherbüste angeführt
Hans Wissel. Kopernikus werden, Ursprünglich war der

Reformator von Wissel in ganzer
Figur ausgeführt worden. Das
Brustbild wurde später abgetrennt

Lehrjahre unterbrechen, innerlich gaben sie ihm die und im Jahre 1955 in der deutschen Abteilung der
Reife und den fanatischen Schaffensdrang, der den Chicagoer Weltausstellung öffentlich gezeigt.
Künstler seither beseelt. Die präzise Feinarbeit in der Größere Aufträge und eine seinem Können entspre-
Ziseliertechnik bot ihm für sein Lebenswerk eine chende Wirksamkeit wurden Wissel erst nach der
gute Grundlage, jedoch unmittelbar nach dem Erle- Machtübernahme im neuen Reich geboten. Nur ein
ben des titanischen Weltkrieges packt es ihn zu gro- kleiner Ausschnitt seiner künstlerischen Tätigkeit
ßem bildnerischem Schaffen. Ohne besonderen Auf- kann hier gegeben werden. Vorweg sei erwähnt die
trag, mit den eigenen bescheidenen Mitteln versucht Marmorbüste des Reichsministers Rust, ein Staats-
er sich bereits 1919 an der Errichtung Überlebens- auftrag vom Jahre 1954. In unmittelbarem persön-
großer Tonmodelle. Zur Vervollkommnung in der lichem Erleben gelang es dem Künstler, dem markan-
Steinbildhauerei ging Wissel 1924 für ein Jahr nach ten Kopf, der die geistige Sammlung griechischer An-
Carrara und Rom. Fast unmittelbar darauf wurde tike mit unbeugsamem germanischem Draufgänger-
der Künstler an die Kölner Werkschulen als Profes- tum vereint, sorgsam zu studieren und im Bildnis
sor und Leiter einer Bildhauerklasse berufen. Schon festzuhalten. Doch auch den großen Geistern der
damals verfocht er neue Lehrmethoden, die heute erst Vergangenheit vermag Wissel nachzuspüren, das
allgemeiner zur Geltung gekommen sind: nicht das Geheimnis ihrer Persönlichkeit seherisch zu begrei-
Modellieren in Ton galt ihm als die Hauptsache. fen und in fesselnden Büsten zu neuem Leben zu er-

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