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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 56.1940-1941

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Müller-Hofstede, Cornelius: Theodor von Gosen, Breslau, in seinen neuen Arbeiten
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https://doi.org/10.11588/diglit.16489#0352

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dem endgültigen Werkstoff
desArbeitsprozesses,eben der
Bronze mit ihren künstle-
rischen, dem Material inne-
wohnenden Möglichkeiten
entfremdet wurden. Daher
wirken auch heute noch
viele Bronzeplastiken wie
übersetzte Ton- oder Gips-
modelle. Das sieht oft sehr
geistreich aus, wenn an
einem fertigen Bronzeguß
noch der Arbeitsvorgang
des Modellierens, sozusagen
j ederDruck d es Fingers spür-
bar wird, aber dem endgül-
tigen Material ist damit kein
künstlerisch eigener Wert
abgewonnen. Die Bronze ist
in eine sekundäre Bolle ge-
rückt, sie hat nur so weit
Wert und Bedeutung, als sie
Eigenheiten, Unebenheiten
und skizzenhafte Zufällig-
keiten des Tonmodells re-
produziert. Vor der „Schick-
salsgöttin'" von Gosens kann
kein Zweifel sein, wie hier
das Verhältnis zum Werk-
stoff und zum Arbeitsvor-
gang sich umgekehrt hat.
Die eingeschränkte, repro-
duzierende Funktion der
Bronze ist in eine produk-
tive, primäre verwandelt.
I laaM Mit anderen Worten: Ziel

der Arbeit ist nicht mehr,
j| / L ihr erstes Stadium im end-

gültigen W erkstoff zu er-
halten, sondern umgekehrt
bereits im ersten Arbeits-
vorgang am Tonmodell
treten die; künstlerischen
Werte und Möglichkeiten,
' die Bearbeitungsfälligkeit

I .. , des Metalls, kurzum sein

f _ _ -

i^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^k; eigener Geist rein und un-

... - verfälscht in Erscheinung.

Daher kommt vor dem .
fertigen Bronzeguß nicht

^HIH^HIHIHHlHHH^HHHIHHHHHHHHIBBHn^^HHHHIiHh geringste Gedanke an

ein vorausgehendes Modell

Theodor von Gosen. Plakette „Francesco und Paolo". Silber in irgendeinem anderen

V\ erkstoff auf, sondern es
ist, als sei der Kopf von

plastik das Ergebnis verschiedener komplizierter Ar- vornherein in diesem Material nicht bloß gedacht,
beitsgänge ist. Die eigentliche Schwierigkeit, die sonst sondern auch gearbeitet, als sei er mit der Hand ge-
kaum ein künstlerischer Werkstoff bietet, ist die. schmiedet oder getrieben. Daran erinnern die Bucke-
daß der künstlerische Arbeitsprozeß in einem ganz lungen der Stirn, die feinen plastischen Schattierungen
anderen Werkstoff anfängt (Ton, WTachs, Gips), als er der Wangen, die kräftig und großzügig behandelten
endet. Es läßt sich nun deutlich beobachten, daß viele Haarsträhnen. Eine nur ihm eigentümliche Festig-
Künstler dank dem Eindringen einer malerisch-im- keit, das spezifisch Aletallische, womit sich auch die
pressionistischen Mache in das plastische Schaffen Vorstellung des Ehernen und» wenn man weitergehen
und der damit verbundenen Überbewertung der Skizze will, desTönenden verbindet, ist dem Bronzematerial ab-

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