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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 56.1940-1941

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Christoffel, Ulrich: Zu den Bildnern von Josef Pilartz
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https://doi.org/10.11588/diglit.16489#0450

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Josef Pilartz. Kircheiselfing

Städtische Galerie Düsseldorf

und das Denken erkennen möchten und die sich ihre
Form, aus einer Anschauung eines Ganzen erarbeiten.
Er hat auch schon zur Feder gegriffen, um sich ge-
danklich Rechenschaft zu geben über sein Wollen
und seine Ziele. Dabei erschien ihm etwa ein Zurück-
schauen auf die Gotik als ein Weg zu einer gesunde-
ten künstlerischen Kultur, im Sinne nicht einer Nach-
ahmung der alten gotischen Meister, sondern einer
Wiederbelebung ihres naturhaften ehrlichen Kön-
nens. Es war im Wesen des Künstlers begründet, daß
er die Großstadt mied und seine Werkstatt in einer
vom freien Land umgebenen alten kleinen Stadt auf-
schlug.

Oft schon malte Pilartz seine Wahlheimat, das auf
der schmalen Landzunge ausgebreitete Wasserburg
und den Blick von den Höhen auf das Inntal. Die
Schleife des Flusses, das waldige ansteigende Ufer,
die Türme und Häuser der Stadt und die blassen Schat-
ten der Berge am Horizont ergeben ein lineares Ge-
rüst, in das die wirklichkeitsgetreue Naturwiedergabe
eingebettet wird als in eine Bildform, wie sie der
Künstler nur aus vertrauter Erfahrung erkennen

und herausheben kann. Die Fläche des Bildes bedeckt
sich mit der Fülle der Kleinarbeit und Feinzeichnung,
die das Auge des Künstlers herauslöst aus der Natur
und die er in dichter, sicherer, klarer Pinselbeherr-
schung hineinsetzt in das Bild. Wenn die Landschaft
vor den Augen des Laien in der Weite zerfließt, so
sammelt sie der Künstler durch sein Formvermögen
in die Geschlossenheit seines Bildes.
Pilartz nennt sich gern den Meister der weiten deut-
schen Landschaft, aber er besitzt ein Gefühl auch für
die Nähe des Naturlebens, für das Wesen der Gras-
halme, für die spitzen regsamen Wipfel der jungen
heranwachsenden Tannen, für die weißen Blüten in
der grünen Wiese, und er findet für die Wiederkehr
dieser Bildungen die reichsten Wandlungen der for-
malen Zeichnung. Er liebt es, wenn die frühlings-
haften Birkenstämme das Bild durchschneiden und
sich in der milden Luft in die feinsten Blättchen ver-
ästeln, und bei der Wiedergabe kleiner Grasbüschel
kann er sich in ein Stilisieren und Gotisieren der
feinzeichnerischen Formwelt vertiefen, als dürfte in
der großen Landweite kein kleinstes Pflänzchen ver-

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