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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 56.1940-1941

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Christoffel, Ulrich: Ludwig Bolgiano
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https://doi.org/10.11588/diglit.16489#0499

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Ludwig Bolgiano. Brücke über die Mudau in Amorbach

tenden Primamalerei. Diese schwierige Malart setzt
die ständige Präsenz einer wachsamen Selbstkritik
voraus, da die spontane Frische einer ersten Begeg-
nung mit der Natur vom ersten bis zum letzten Pin-
selstrich zu wahren ist. Unaufhörlich war Bolgiano
auch tätig zu zeichnen, wenn er in den Sommermona-
ten die alten Städte in Bayern und Franken und
Schwaben aufsuchte, und dieses Zeichnen nach der
Natur übte die Hand auch für die sichere Beherr-
schung des Pinsels. Auch der Blick schärfte sich für die
Erfassung der malerischen Erscheinungen.
Ludwig Bolgiano malte gelegentlich auch im Chiem-
gau bei Traunstein, in Norddeutschland, am Harz
und in Graubünden im Engadin, das eben von Gio-
vanni Segantini für die Maler entdeckt worden war.
Wesentlich blieb aber, daß er regelmäßig den Oden-
wald und die Pfalz aufsuchte, wenn er sich an der
Münchner Umgebung und ihrer klaren Luft müde
gemalt. Über dem Maintal und seinen Höhen liegt
eine sonnige schwere Luft, die den Maler vor neue
Aufgaben stellt und ihn veranlaßt, die Palette zu be-
reichern durch die rötlich blauen Lufttöne, die in
Bayern fehlen. Oft hat Bolgiano die Abtei von
Amorbach in ihrem roten Sandsteinbarock gemalt,
und dieses erdige Bot zusammen mit dem Grün ergibt
den Klang der Landschaft, dem Bolgiano immer wie-
der nachgegangen ist. Er malte die alten Fachwerk-

häuser, über deren Dächer die Türme der Abtei sich
in den Himmel erheben, der mit seinem malerisch
weichen Dunst das Land und die Städte umfängt.
Mit großem Geschick sind diese Bilder aus Amorbach
auch motivisch abgerundet, denn der Künstler ließ
sich durch die Primamalerei nie dazu verleiten, sich
in der Bildfügung nachlässig dem Skizzieren zu über-
lassen. Wie er eine Häuserreihe am Wasser oder eine
Baumgruppe bildlich zu sehen und zu ordnen weiß,
bleibt ein besonderer Reiz seiner Bilder.
Wieder anders sind die atmosphärischen Verhältnisse
in der Pfalz. Die Luft ist heller, westlicher, beweg-
ter. Das hügelige Gelände der Felder und Weinberge
stimmt zusammen mit dem Schauspiel der Wolken
und der Lüfte. Der Maler sieht neue Erscheinungen
und Gebilde, und Auge und Farbe passen sich der be-
sondern Schönheit des Landes an. Den größten Teil
seiner Malstunden hat Ludwig Bolgiano aber im
Isartal verlebt, und in der Gegend von Lenggries
konnte er die dankbarsten Motive finden. Sein Name
wird mit der Eigentümlichkeit dieser Landschaft für
immer verbunden bleiben. Aber auch im Würmtal
und in der Hallertau hat der Künstler gemalt, und es
ist ihm stets von neuem gelungen, die Intimität der
Nahmotive der sprießenden Bäume und blühenden
Wiesengründe zu vereinigen mit dem hochsteigen-
den weiten Himmel, dessen durchsichtige Bläue sich

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