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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 56.1940-1941

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Clemen, Paul: Ludwig von Hofmann: zu seinem 80. Geburtstag
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https://doi.org/10.11588/diglit.16489#0546

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Es bleibt liier nicht der Raum, von der Fülle der
Zeichnungen. Pastelle, zu reden, die Kunstwerke ganz
hohen Ranges für sich darstellen, von manchen in die
vorderste Front von Hofmanns Werk auch über die
großen Bilder gesetzt, in denen mit höchster Ökonomie
der Modellierung die stärkste Ausdrucksdjmamik der
Linie gefunden ist, aber alles in entzückender Leich-
tigkeit und Grazie. Eine Verschwendung von Bildge-
danken, erste Visionen und Studien — abgekürzte
Vollkommenheiten, bei denen die Verhältnisse der
Massen, die Richtungen der Bewegung mit sicherem
Fingerspitzengefühl ertastet sind. Man denkt an an-
tike Vasenbilder und vielleicht manchmal an eine
Linie, die von Pisanello über Pollajuolo bis zu Gior-
gione führt. End die ganze Strenge und Gewalt der
Linie spricht dann aus der langen Reihe der Illustra-
tionsfolgen zur Ilias und anderem — wirklich home-
rische Kompositionen.

Es ist echtes Griechentum darin, es lebt Romantik
auf, es ist die Welt Goethes, Hölderlins, Stefan Geor-
ges, und immer wieder kommen dem nachdenklichen
Betrachter Verse von ihnen auf die Zunge — viel-
leicht auch Zeilen aus jenem Sonnet von Jacob Burck-
hardt auf Claude Lorrain:

Geweihter Geist, den die Natur erkoren,
Als Hohepriester ihr mit reinen Händen
Des Abendopfers Weihrauchduft zu spenden,
Wenn schon die Sonne naht des Westens Toren--

End ein Wort Hölderlins „Daß uns etwas heilig ist"
— diese beschwörende flehende Sehnsucht der Jahr-
hunderte, wie sie Richard Benz einmal nennt, findet
hier in der Sprache der Malerei ihre Erfüllung, es ist
das Gefühl der Weihe in der Andacht vor den Sinn-
bildern der gesteigerten Menschlichkeit, eine neue
Frömmigkeit und eine Feierlichkeit, die sich auf uns
auszuströmen die Gewalt hat. Und wenn irgendeinem
von der ältesten Generation die Gabe verliehen war,
das zu verkörpern, was heute als höchstes Ziel der
Kunst uns vor die Augen gestellt wird, die Darstel-
lung von hinreißender Kraft und Schönheit in ewiger
Jugend, so hat dies Ludwig von Hofmann auf seine
Weise gelöst.

Zuletzt darf man auch auf unsere großen bildenden
Künstler das Wort anwenden, das Goethe von Beet-
hoven gesagt hat: — Was aber ein solcher vom Dä-
mon Besessener ausspricht, davor muß ein Laie Ehr-
furcht haben. Denn hier walten die Götter und
streuen Samen zu künftiger Einsicht.

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