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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 2.1904

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Heilbut, Emil: Constantin Somoff
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https://doi.org/10.11588/diglit.3550#0071

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eines Amateurs. Eins dieser Bilder zeigt eine Gras-
fläche mit Wald: er nennt das Bild „bonheur". Auf
einem andern zeigt er zwei ganz junge Leute — ich
glaube der eine von ihnen ist er selbst — wie sie
nach einem Gewitter in einem hellen Pavillon
verweilen; ein Regenbogen spannt sich durch die
Luft, das Grün ist erfrischt, das Gras richtete
sich auf, und Somoff malte das Alles augenschein-
lich, weil es ihn erfreute, es zu er-
leben. Bei seinen Bildern von
Landgütern denkt man: wie
lieblich ist die Umgebung,
wie angenehm das Haus
Oft hat er „weisse
Nächte" gemalt. Ich
weiss nicht ganz ge-
nau, was das ist.
Sind es nach dem
französischen Sprach
gebrauch Nächte, in
denen man nicht zum
Schlaf gekommen ist?
sind es einfach Mond-
nächte? Jedenfalls
zeigt er Nachtbilder
mit ganz hellem Schein
— feenhaft zart, von
einem sehr intensiven Zau-
ber. .. Das Malerische ist nicht
zu kurz dabei gekommen, das
menschliche Interesse war aber das
Primäre, ein dichterisches, ganz unpathetisches
Interesse, jenseits von „Sturm und Drang", wohl
erregt, doch nicht zum Schluchzen bereit — ein
Interesse etwa, wie jenes, das TurgeniefF schil-
dert, wenn er eine nächtliche Stimmung auf einem
Heuhaufen mit den Worten darstellt: „man klettert
auf Leitern hinauf; ich habe oft auf einem solchen
Heuhaufen geschlafen. Ihr könnt euch nicht vor-
stellen, wie wunderschön dort bei uns der Himmel
ist, wenn man ihn vom Gipfel einer Trifte aus
ansieht. Blau das Ganze, tiefblau und darüber grosse
Silbersterne dicht ausgestreut. Gegen Mitternacht
steigt eine süsse, majestätische Wärme auf, das ist
berauschend. Einst, als ich so, auf den Rücken
hingestreckt, auf dem Heuhaufen droben den Zauber
der Nacht genoss, packte es mich derart, dass ich auf
einmal, Gott weiss warum, wie verblödet immer nur
vor mich hin murmelte: „Eins, zwei! Eins, zwei!"...
Solche hellen Nächte versucht SomofF zu schildern;

CONSTANTIN SOMOFF, PUSCHKIN

Die Menschen, welche er schildert, kann man
als Vorfahren jener Russen ansehen, die in Tolstojs
und TurgeniefFs Gesellschaftsromanen vorkommen.
Diese sind in West-Europa wie in Russland zu Hause,
haben in Heidelberg studiert, in Baden-Baden ge-
wohnt, in Paris ihr künstlerisches Empfinden ver-
feinert. Ihre Vorfahren sind in der Gestaltung
Puschkins von SomofF geschildert worden und zwar,
wie Puschkin die Gesinnungen nicht
nur der Menschen seiner Zeit —
der Biedermeierperiode —
sondern auch das Empfin-
den ihrer Vorgänger —
der Menschen unter
Katharina der Zwei-
ten — darstellt, so
trifft man in SomofFs
Werken sowohl die
Zeitbilder aus der
Biedermeierperiode
wie aus der Epoche
des Rokoko.
In seinen meisten
Figurenbildern befasst
sichSomofFmit derEm-
pfindsamkeit. Ihr Hauch
war seit dem Ende des
achtzehnten Jahrhunderts in
die russische Gesellschaft ein-
gedrungen und hatte sich mit
dem Anfang des neunzehnten in
Russland mehr und mehr ausgebreitet. Man versenkte
sich in die Schönheiten der Natur. Eins der herr-
lichsten Bilder von SomofF, die die Empfindsamkeit
schildern, ist sein imaginäres Porträt einer Dame
in blauem Kleide, welche, ein Buch in der Hand,
vor einem Gebüsch in einem Parke steht, den Be-
schauer sinnend anblickend. Das Bild zierte vor zwei
Jahren die berliner Secession. Nie ist eine Epoche
überzeugender und anmutender von einem Nach-
geborenen dargestellt worden.

In der „Loudmila" gab Puschkin Anklänge von
russischen Märchen und italienischen Phantasien,
Shukowskis Romantik verwob er mit Parnys leichten
Poesien, und alle diese Elemente vereinigte SomofF
in seinem Bilde „Loudmila".

Eine Spezialität SomofFs (die er mit dem feinen
französischen Romantiker Gustave Moreau teilt) ist
die Vorführung von Poeten. Hier bleibt er bei
der Generation Puschkins stehen. Als Puschkin

und eine Ahnung von ihnen mitzuteilen gelingt ihm. im Lyzeum von Zarskoje-Sselo verweilte, dichtete

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