schöpferischer Weise auf die Kunstform an, zu der
ihn seine Begabung trieb: die Landschaftsmalerei.
Zu jener Zeit war das System, in freier Luft direkt
nach der Natur zu malen, schon bekannt und in
Anwendung. Monet konnte sich nicht rühmen,
der Erfinder zu sein, Constable in England, Corot
und Courbet in Frankreich hatten es schon vor ihm
befolgt. Aber ebenso wie er die Hellmalerei, die
er von Manet übernommen hatte, auf originelle
und persönliche Weise anwendete, so verstand er
es auch, dem System der Hellmalerei seine persön-
liche Note aufzudrücken. Vor ihm hatten die
Künstler, die im Freien malten, nur kleine Bilder
gemalt, die im Atelier beendigt wurden, oder
Skizzen, nach denen dann im Atelier Landschaften
von grossem Umfange gemalt wurden.
Monet dagegen, der mehr und mehr das Malen in
freier Luft bevorzugte, gab das Arbeiten im Atelier
ganz auf und jede Landschaft, welches auch ihr Motiv
und ihr Umfang war, musste ganz im Freien an-
gesichts der Natur ausgeführt werden. So war
Monet der erste, der bei der Landschaftsmalerei
die in der Porträtkunst seit langem befolgte Regel
anwendete: er gab die Natur getreulich wieder, so
wie er sie die ganze Zeit über vor Augen hatte.
Nur bei diesem Prinzip, ausschliesslich im Angesicht
der Natur zu malen, ward es ihm möglich, die
verschiedensten Stimmungen, die feinsten Details
zu erfassen, und jene flüchtigen und ephemeren
Erscheinungen wiederzugeben, welche selbstver-
ständlich den Anderen entgehen mussten, die aus
der Natur nur Anweisungen schöpften, die sie im
Atelier benutzten. Die von allen traditionellen
Schatten befreite Technik der nebeneinander ge-
setzten Töne lieferte ihm ausserdem das Mittel, die
ganze Skala leuchtender Farben auf die Leinwand
zu zaubern. Dadurch war es ihm möglich, das
Spiel des Lichts am Himmel und auf dem Wasser
und die verschiedenen Färbungen der Vegetation
in den vier Jahreszeiten wiederzugeben. Unter dem
Pinsel Claude Monets bekam somit die Landschafts-
malerei, mehr als bei irgend einem anderen, den
Charakter einer fein nuancierten und reich mannig-
faltigen Kunst. Aber er war nicht der einzige, der
von Manets schulemachendem Beispiel profitierte;
mit ihm hatten Bazille, Renoir, Sisley, seine Kame-
raden in Gleyres Atelier, gleichfalls angefangen,
Landschaften hell in freier Luft nach der Natur zu
malen. Pissaro, der älter als sie alle,war und be-
sonders feines Naturgefühl hatte, wir schon seit
Jahren Landschaftsmaler und malte jetzt auch im
Freien. Sie alle waren von denselben Tendenzen
und von dem gleichen Geschmack durchdrungen;
eng verbunden, trugen sie zu der Entwicklung der
neuen Kunst bei. Manet, der, als Schöpfer der Be-
wegung, naturgemäss der Zielpunkt der heftigsten
Angriffe war, bildete den Mittelpunkt, um den
sie sich scharten.
Man vereinigte sich im Cafe Guerbais, am Ein-
gang der Avenue de Clichy, in den Batignolles.
Diese Zusammenkünfte fanden hauptsächlich in den
Jahren i%66 und 67 statt, dauerten aber bis 1870,
bis der Krieg sie unterbrach. — Nach dem Friedens-
schluss gingen Alle wieder mit Leidenschaft an
die Arbeit. Nun lernte das Publikum die Schöpf-
ungen einer neuen Malerschule.kennen; sie bildeten
eine vollkommene Ueberraschung. Die Schule
hatte noch keinen Namen, man wusste nicht,
wie man sie bezeichnen sollte. Die einen sprachen
von ihr als von der „neuen Malerei", die andern
nannten die Künstler die „Intransigenten". Wenn
sich etwas wirklich Neues und Charakteristisches
bildet, ist selten gleich ein Name dafür da. Im
Jahre 1874 machten die Maler der neuen Schule,
Monet, Renoir, Sisley, Pissaro, zum erstenmal
eine Kollektiv-Ausstellung ihrer Werke auf dem
Boulevard des Capucines. Das Wort „Im-
pressionist" tauchte bei dieser Gelegenheit auf.
Der neue Name brauchte einige Zeit um durch-
zudringen; wirklich populär wurde er erst nach
einigen Jahren. Jedenfalls war der Name Im-
pressionist so gut wie ein anderer und deckte
sich sogar ziemlich genau mit seiner Anwendung,
denn die neue Malweise in hellen Tönen, in freier
Luft ausgeführt, fixierte jene feinen, flüchtigen
Impressionen, die von den Malern bis dahin ver-
nachlässigt worden waren. Es war übrigens selbstver-
ständlich, dass der Name, wenn er auch der ganzen
Gruppe zufiel, zuerst durch ein Bild Claude Monets
hervorgerufen wurde, da bei ihm stärker als bei
allen Andern die vergänglichsten Erscheinungen,
die flüchtigsten Beobachtungen aufgefangen und
mit der grössten Nuancierung und Sicherheit wieder-
gegeben wurden.
Aus dem Faktum eines anerkannten Namens
erwuchs den Malern der neuen Schule keineswegs
ein Vorteil, denn ihr grösseres Bekanntwerden hatte
nur die grössere Missachtung des Publikums zur
Folge und der Name Impressionist wurde zuerst
nur als Spottname gebraucht. Es wird einem schwer,
zu glauben, dass Männer, deren Talent heute so
allgemein anerkannt wird, zuerst mit solchem Spott
236"
ihn seine Begabung trieb: die Landschaftsmalerei.
Zu jener Zeit war das System, in freier Luft direkt
nach der Natur zu malen, schon bekannt und in
Anwendung. Monet konnte sich nicht rühmen,
der Erfinder zu sein, Constable in England, Corot
und Courbet in Frankreich hatten es schon vor ihm
befolgt. Aber ebenso wie er die Hellmalerei, die
er von Manet übernommen hatte, auf originelle
und persönliche Weise anwendete, so verstand er
es auch, dem System der Hellmalerei seine persön-
liche Note aufzudrücken. Vor ihm hatten die
Künstler, die im Freien malten, nur kleine Bilder
gemalt, die im Atelier beendigt wurden, oder
Skizzen, nach denen dann im Atelier Landschaften
von grossem Umfange gemalt wurden.
Monet dagegen, der mehr und mehr das Malen in
freier Luft bevorzugte, gab das Arbeiten im Atelier
ganz auf und jede Landschaft, welches auch ihr Motiv
und ihr Umfang war, musste ganz im Freien an-
gesichts der Natur ausgeführt werden. So war
Monet der erste, der bei der Landschaftsmalerei
die in der Porträtkunst seit langem befolgte Regel
anwendete: er gab die Natur getreulich wieder, so
wie er sie die ganze Zeit über vor Augen hatte.
Nur bei diesem Prinzip, ausschliesslich im Angesicht
der Natur zu malen, ward es ihm möglich, die
verschiedensten Stimmungen, die feinsten Details
zu erfassen, und jene flüchtigen und ephemeren
Erscheinungen wiederzugeben, welche selbstver-
ständlich den Anderen entgehen mussten, die aus
der Natur nur Anweisungen schöpften, die sie im
Atelier benutzten. Die von allen traditionellen
Schatten befreite Technik der nebeneinander ge-
setzten Töne lieferte ihm ausserdem das Mittel, die
ganze Skala leuchtender Farben auf die Leinwand
zu zaubern. Dadurch war es ihm möglich, das
Spiel des Lichts am Himmel und auf dem Wasser
und die verschiedenen Färbungen der Vegetation
in den vier Jahreszeiten wiederzugeben. Unter dem
Pinsel Claude Monets bekam somit die Landschafts-
malerei, mehr als bei irgend einem anderen, den
Charakter einer fein nuancierten und reich mannig-
faltigen Kunst. Aber er war nicht der einzige, der
von Manets schulemachendem Beispiel profitierte;
mit ihm hatten Bazille, Renoir, Sisley, seine Kame-
raden in Gleyres Atelier, gleichfalls angefangen,
Landschaften hell in freier Luft nach der Natur zu
malen. Pissaro, der älter als sie alle,war und be-
sonders feines Naturgefühl hatte, wir schon seit
Jahren Landschaftsmaler und malte jetzt auch im
Freien. Sie alle waren von denselben Tendenzen
und von dem gleichen Geschmack durchdrungen;
eng verbunden, trugen sie zu der Entwicklung der
neuen Kunst bei. Manet, der, als Schöpfer der Be-
wegung, naturgemäss der Zielpunkt der heftigsten
Angriffe war, bildete den Mittelpunkt, um den
sie sich scharten.
Man vereinigte sich im Cafe Guerbais, am Ein-
gang der Avenue de Clichy, in den Batignolles.
Diese Zusammenkünfte fanden hauptsächlich in den
Jahren i%66 und 67 statt, dauerten aber bis 1870,
bis der Krieg sie unterbrach. — Nach dem Friedens-
schluss gingen Alle wieder mit Leidenschaft an
die Arbeit. Nun lernte das Publikum die Schöpf-
ungen einer neuen Malerschule.kennen; sie bildeten
eine vollkommene Ueberraschung. Die Schule
hatte noch keinen Namen, man wusste nicht,
wie man sie bezeichnen sollte. Die einen sprachen
von ihr als von der „neuen Malerei", die andern
nannten die Künstler die „Intransigenten". Wenn
sich etwas wirklich Neues und Charakteristisches
bildet, ist selten gleich ein Name dafür da. Im
Jahre 1874 machten die Maler der neuen Schule,
Monet, Renoir, Sisley, Pissaro, zum erstenmal
eine Kollektiv-Ausstellung ihrer Werke auf dem
Boulevard des Capucines. Das Wort „Im-
pressionist" tauchte bei dieser Gelegenheit auf.
Der neue Name brauchte einige Zeit um durch-
zudringen; wirklich populär wurde er erst nach
einigen Jahren. Jedenfalls war der Name Im-
pressionist so gut wie ein anderer und deckte
sich sogar ziemlich genau mit seiner Anwendung,
denn die neue Malweise in hellen Tönen, in freier
Luft ausgeführt, fixierte jene feinen, flüchtigen
Impressionen, die von den Malern bis dahin ver-
nachlässigt worden waren. Es war übrigens selbstver-
ständlich, dass der Name, wenn er auch der ganzen
Gruppe zufiel, zuerst durch ein Bild Claude Monets
hervorgerufen wurde, da bei ihm stärker als bei
allen Andern die vergänglichsten Erscheinungen,
die flüchtigsten Beobachtungen aufgefangen und
mit der grössten Nuancierung und Sicherheit wieder-
gegeben wurden.
Aus dem Faktum eines anerkannten Namens
erwuchs den Malern der neuen Schule keineswegs
ein Vorteil, denn ihr grösseres Bekanntwerden hatte
nur die grössere Missachtung des Publikums zur
Folge und der Name Impressionist wurde zuerst
nur als Spottname gebraucht. Es wird einem schwer,
zu glauben, dass Männer, deren Talent heute so
allgemein anerkannt wird, zuerst mit solchem Spott
236"