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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 2.1904

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Swarzenski, Georg: Altes Porzellan, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3550#0278

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stimmter moderner Bestrebungen und-
Ziele zu betrachten. So wird heute
Niemand die Kunst des 18. Jahrhun-
derts verpönen, weil sie andren Prin-
zipien folgt als wir. Vor allem nicht
deshalb, weil sie sich so ungeschminkt
als „Luxuskunst" giebt. Und dies
nicht nur in dem gewöhnlichen
kulturellen Sinne, dass diese Kunst
sich einseitiger als eine andere in den
Dienst einer luxuriösen Gesellschaft
gestellt hat, dass sie sich von den
Neigungen dieser Gesellschaft so stark
anregen lässt und diesen Neigungen
so gut zu schmeicheln versteht, —
die Formen selbst, die sie schuf, diese
Linien mit ihrer übermütigen Ver-
neinung des Einfachen und Bequemen
zeigen die ausschweifende Willkür
und den Ueberfluss des Komplizierten,
den man als Luxus des Formalen
bezeichnen könnte, — die artistische
Luxuria!

Zur Kunst des 18. Jahrhunderts
gehört das Porzellan, und die Bedenken
des gesinnungstüchtigen modernen
Geschmacks sind hier besonders stark,
— zumal im Falle der Porzellanplastik.
Man denkt da zu sehr an den esprit
de l'etagere, an Vitrinenkunst, an
den Schreibtisch, an dem man nicht
schreiben kann, etc. Aber solche Be-
denken sind weniger richtig, als es
scheint. Denn das Porzellan hatte seine,
feste Stelle in der dekorativen Kunst

seiner Zeit. So hatte vieles seinen Platz auf dem kleinen Architekturen, Landschaften und Garten-
Kamin und vieles erfüllte seine Rolle als Wand- anlagen bunte Gruppen sich aufbauten, die in
schmuck. Auch wurden von dem Geschirr und mythologischem und allegorischem Gewände, ge-
den Gebrauchsgegenständen ganz abgesehen, Figuren legentlich auch in realerer Weise, die feiernde Ge-
und Gruppen mit Bronze montiert zu Schreibzeugen, Seilschaft und den Anlass des Festes zum Thema
Beleuchtungskörpern, Uhren. Und schliesslich hatten und paraphrasierten. Was seit der Renaissance
hatten auch manche Figuren, ohne besondere Her- der Goldschmied in wertvollerem Materiale und
richtung, einen Gebrauchszweck, — z. B. als der Konditor in vergänglichem Zuckerzeug her-
Räucherbehälter, Dosen etc. Man muss aber vor richtete, lieferte jetzt das Porzellan, und manche
allem an die grossen Ensemblewirkungen denken, Venus und manche Verherrlichung einer idealen
die mit den Mitteln des Porzellans in einer gross- oder praktischen Tugend, die heute als Nippesfigur
artigen Weise erreicht wurden, und dass die ein- herumsteht und ein überflüssiges, zweckentfremdetes
zelnen Stücke dieser Gesamtwirkung dienten: An Dasein führt, ist durch neuere Beobachtungen als
die Porzellankabinette, die in den Schlössern er- Teil eines solchen Tafelschmuckes erwiesen. Bekannt
halten sind, und an die Tafeldekorationen, wo und anscheinend komplett erhalten ist der grosse
zwischen den Gästen, auf der Tafel, inmitten von Tafelaufsatz, den Friedrich der Grosse als Meister-

SPANISCHE TÄNZERIN, MEISSEN

SAMMLUNG EPPSTEIN

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