und bringt ihn vorerst zu Tobias Verhaecht, einem
untergeordneten Landschafter, der dem Stadium des
Liebergangs von der Brilschen zur Brueghelschen
Art angehört. Offenbar nach sehr kurzem Ver-
weilen bei ihm kommt Rubens auf vier Jahre zu
Adam van Noort. Leider sind wir über diesen
Maler noch zu sehr im dunkeln, als dass wir
sagen könnten, ob und worin ihm Rubens Dank
schuldet. Seit 1596 unterrichtet ihn dann Otto
Venius, ein Holländer, der in Italien bei Federigo
Zuccaro gelernt hatte. Venius ist leer und ein-
förmig „schön" in der Form. Der allgemein be-
liebte Italismus hat bei ihm ein ruhiges, massvolles
Wesen. Er beschränkt sich vorsichtig auf ein-
fache Kompositions-Probleme. Besseres wäre zu
sagen von seiner Mal weise, die mitunter, nament-
lich in rosigen Kindergesichtern, zu einer bemerkens-
werten Weichheit gelangt. Sie ist im wesentlichen
vlaemisch, lässt aber nicht verkennen, dass Federigo
Zuccaro sein Lehrer war, und steht m. E. auch
in Zusammenhang mit Muziano und Palma Giovane.
Rubens hat etwas davon angenommen und lange
festgehalten. Ausserdem kam es ihm zu statten,
dass Venius von höherem Bildungseifer getragen
und ein grosser Freund des griechischen Alter-
tums war.
Mit 2 1 Jahren erhielt Rubens die Meisterwürde.
Es ist übrigens wohl möglich, dass er dann noch
zwei weitere Jahre bei Venius als Genosse blieb.
Im Frühling 1600, mit 23 Jahren, begab er
sich nach Italien. Sein guter Stern führte ihn zu-
erst nach Venedig. Dort glühte noch ein letzter
Nachschein der versunkenen Hochrenaissance. Wie
mochte sich sein Malerauge weiden an den Werken
eines Tizian, Bordone und Paolo Veronese!
Aber vor allen that es ihm offenbar Tintoretto
an, dessen phantasiemächtige, wie die stürmereiche
Adria ihm entgegenrauschende Kunst er als ein
wahlverwandtes Element begrüssen musste. Rubens
wäre nicht Rubens gewesen, wenn er nicht mit ge-
schwellter Brust und leuchtenden Augen das
schöpferische Schalten dieses grossen Venezianers
empfunden hätte und die Meisterschaft, womit er
die stärkste Illusion der Raumvertiefung und der
Luft giebt und all die vielen Organe seines Wollens
lenkt und schwenkt. — Allein das gilt doch nur
sehr im allgemeinen und nicht unbedingt. Manches
Gewaltswerk Tintorettos war ihm doch wohl zu
fahrig und von zu jähen Quermotiven durchschossen.
Und seine Gestalten, die er zum Zweck ihres Ein-
bezugs im ganzen sich möglichst vielseitig regen
und wenden lässt, werden dem naturderben Vlaemen
doch bisweilen etwas gar zu kunstbedeutsam, etwas
gar zu sichtlich vom Bildgefüge bestimmt erschienen
sein. Auch kam Rubens niemals darauf, so bühnen-
artig zu disponieren wie Tintoretto in jenen Gross-
gemälden des Abendmahls, der Hochzeit in Kana
u. a., worin der Vorgang so weit und in so durch-
geführtem Anschluss an die Perspektive der archi-
tektonischen Scenerie sich in den Hintergrund er-
streckt, dass sie das Vollgewicht der Anschaulich-
keit einbüsst und deshalb auch nicht im Gedächtnis
haftet.
Das jagende Feuer Tintorettos äussert sich
namentlich auch in den starken und mannigfachen
Gegensätzen seiner Lichter und Schatten, aber weil
er so gern auf Bolusgrund und mit Deckfarben
malte, die er im Schatten durch Lasuren hob, so
sind seine Bilder meist eingeschlagen. Die fett auf-
gesetzten Lichter treten schier bar der Mitteltöne
aus einem rauchigen Dunkel, das allzuviel Umfang
hat. Aber seine hellgrau grundierten und sorgsamer
ausgeführten Werke haben einen olivgrünlichen
oder mit Honig, weissem Wein, geschliffenem
Feueropal und Goldtopas vergleichbaren Schimmer,
worin er den Raum und die Gestalten wundersam
zusammenstimmt.
Ein Hauptvorzug seiner Malkunst liegt ferner
in dem grossartig freien, kühnen Vortrag alla prima,
der oft eine förmlich blitzende, schussartige Kraft
der Wirkung hat, und wir können uns vorstellen,
wie sich Rubens daran entflammte.
untergeordneten Landschafter, der dem Stadium des
Liebergangs von der Brilschen zur Brueghelschen
Art angehört. Offenbar nach sehr kurzem Ver-
weilen bei ihm kommt Rubens auf vier Jahre zu
Adam van Noort. Leider sind wir über diesen
Maler noch zu sehr im dunkeln, als dass wir
sagen könnten, ob und worin ihm Rubens Dank
schuldet. Seit 1596 unterrichtet ihn dann Otto
Venius, ein Holländer, der in Italien bei Federigo
Zuccaro gelernt hatte. Venius ist leer und ein-
förmig „schön" in der Form. Der allgemein be-
liebte Italismus hat bei ihm ein ruhiges, massvolles
Wesen. Er beschränkt sich vorsichtig auf ein-
fache Kompositions-Probleme. Besseres wäre zu
sagen von seiner Mal weise, die mitunter, nament-
lich in rosigen Kindergesichtern, zu einer bemerkens-
werten Weichheit gelangt. Sie ist im wesentlichen
vlaemisch, lässt aber nicht verkennen, dass Federigo
Zuccaro sein Lehrer war, und steht m. E. auch
in Zusammenhang mit Muziano und Palma Giovane.
Rubens hat etwas davon angenommen und lange
festgehalten. Ausserdem kam es ihm zu statten,
dass Venius von höherem Bildungseifer getragen
und ein grosser Freund des griechischen Alter-
tums war.
Mit 2 1 Jahren erhielt Rubens die Meisterwürde.
Es ist übrigens wohl möglich, dass er dann noch
zwei weitere Jahre bei Venius als Genosse blieb.
Im Frühling 1600, mit 23 Jahren, begab er
sich nach Italien. Sein guter Stern führte ihn zu-
erst nach Venedig. Dort glühte noch ein letzter
Nachschein der versunkenen Hochrenaissance. Wie
mochte sich sein Malerauge weiden an den Werken
eines Tizian, Bordone und Paolo Veronese!
Aber vor allen that es ihm offenbar Tintoretto
an, dessen phantasiemächtige, wie die stürmereiche
Adria ihm entgegenrauschende Kunst er als ein
wahlverwandtes Element begrüssen musste. Rubens
wäre nicht Rubens gewesen, wenn er nicht mit ge-
schwellter Brust und leuchtenden Augen das
schöpferische Schalten dieses grossen Venezianers
empfunden hätte und die Meisterschaft, womit er
die stärkste Illusion der Raumvertiefung und der
Luft giebt und all die vielen Organe seines Wollens
lenkt und schwenkt. — Allein das gilt doch nur
sehr im allgemeinen und nicht unbedingt. Manches
Gewaltswerk Tintorettos war ihm doch wohl zu
fahrig und von zu jähen Quermotiven durchschossen.
Und seine Gestalten, die er zum Zweck ihres Ein-
bezugs im ganzen sich möglichst vielseitig regen
und wenden lässt, werden dem naturderben Vlaemen
doch bisweilen etwas gar zu kunstbedeutsam, etwas
gar zu sichtlich vom Bildgefüge bestimmt erschienen
sein. Auch kam Rubens niemals darauf, so bühnen-
artig zu disponieren wie Tintoretto in jenen Gross-
gemälden des Abendmahls, der Hochzeit in Kana
u. a., worin der Vorgang so weit und in so durch-
geführtem Anschluss an die Perspektive der archi-
tektonischen Scenerie sich in den Hintergrund er-
streckt, dass sie das Vollgewicht der Anschaulich-
keit einbüsst und deshalb auch nicht im Gedächtnis
haftet.
Das jagende Feuer Tintorettos äussert sich
namentlich auch in den starken und mannigfachen
Gegensätzen seiner Lichter und Schatten, aber weil
er so gern auf Bolusgrund und mit Deckfarben
malte, die er im Schatten durch Lasuren hob, so
sind seine Bilder meist eingeschlagen. Die fett auf-
gesetzten Lichter treten schier bar der Mitteltöne
aus einem rauchigen Dunkel, das allzuviel Umfang
hat. Aber seine hellgrau grundierten und sorgsamer
ausgeführten Werke haben einen olivgrünlichen
oder mit Honig, weissem Wein, geschliffenem
Feueropal und Goldtopas vergleichbaren Schimmer,
worin er den Raum und die Gestalten wundersam
zusammenstimmt.
Ein Hauptvorzug seiner Malkunst liegt ferner
in dem grossartig freien, kühnen Vortrag alla prima,
der oft eine förmlich blitzende, schussartige Kraft
der Wirkung hat, und wir können uns vorstellen,
wie sich Rubens daran entflammte.