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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 2.1904

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Aus der Correspondenz Vincent van Goghs, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3550#0365

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tritt. 1883 zieht er in die Provinz Drenthe und bald darauf wieder nach Brabant, wo er bis 1885 energisch
arbeitet. Die Sachen, die er da in Zundert zeichnete und malte, haben schon einen stark ausgeprägten persön-
lichen Charakter, sind aber noch ganz anders als die Bilder aus seiner späteren französischen Periode.

1885 besucht er einige Monate die Akademie in Antwerpen und ist im Frühjahr 1886 in Paris, wo er
durch seinen Bruder, den feinsinnigen Kunsthändler Theodoor van Gogh, die Kunst der Impressionisten kennen
lernt und mit einigen derselben in persönliche Berührung kommt.

Kurz darauf siedelt er nach dem Süden über und arbeitet in Arles und später in San Remy. In seinen
Leistungen aus dieser Periode schliefst er sich viel mehr der modernen französischen als der Kunst seines Vater-
landes an.

Den Abschluss seines Lebens bildet dann der Aufenthalt in einer Nerven-Anstalt in Auvers-sur-Oise, wo
er 1890 stirbt.

Seine Kunst wurde während seines Lebens nur von ganz Wenigen geschätzt. Erst seit einigen Jahren hat
sie und zwar manchmal begeisterte Anhänger gefunden.

Die Briefe hier sind an seinen Bruder gerichtet.

I.

Haag, 15. August 82.

Du musst es mir nicht übel nehmen, lieber Bruder,
dass ich Dir schon wieder schreibe, — es geschieht
nur um Dir zu sagen, dass das Malen mir ein so
ganz besonderes Vergnügen macht.

Vergangenen Sonntag habeichetwasangefangen,
was mir schon immer vorgeschwebt hat:

Es ist ein Blick auf eine flache grüne Wiese,
auf der Heuhaufen stehen. Ein Kohlenweg neben
einem Graben läuft quer darüber hin. Und am
Horizont, mitten im Bilde die Sonne. Das Ganze
ein Gemisch von Farben und Tönen — ein Vibrieren
der ganzen Farbenskala in der Luft. Zuerst ein lila-
farbener Nebel, in dem die rote Sonne halbverdeckt
von einer, mit glänzendem Rot fein umrandeten
dunkelvioletten Wolkenschicht steht; in der Sonne
Spiegelungen von Zinnober, oben darüber ein Streifen
Gelb, der grün und weiter oben bläulich abtönt,
(das sogenannte cerulean blue) und dann hier und
da lila und graue Wolken, die die Reflexe der Sonne
tragen.

Der Boden ein kräftiges Teppichgewirk von
Grün, Grau und Braun, voller Schattierungen und

Leben. Das Wasser des Grabens glänzt auf dem Dann habe ich ein grosses Stück Düne dick in

lehmigen Grund. Es ist so wie z. B. Emile Breton Farbe aufgetragen und breit gemalt,
es malen würde. Von diesen beiden Sachen, weiss ich bestimmt,

VIPvCENT VAN GOGH, SELBSTPORTRÄT

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