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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 6.1908

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Heft 5
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Chronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.4705#0229

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CHRONIK



Max Slevogt hat an den Verleger seiner Zeichnungen
zur Ilias, wovon an anderer Stelle dieses Heftes die Rede
ist, einen Brief gerichtet, der in einer Dezembernummer
des „März" abgedruckt war. Es seien daraus einige feine
allgemeine Bemerkungen über Kunst und über das Ver-
hältnis des Betrachters zum Kunstwerk mitgeteilt.

„Wenn wir schon einmal heute Programmusik treiben,
will ich nicht dazu beitragen, auch der Malerei ein Pro-
gramm unterzuschieben und mehr sagen zu wollen, als
etwa die gezeichneten Blätter besagen, zumal es meiner
Ansicht nach sehr wenig bedeutet, was der Künstler will —
alles, was er erwirkt. Daher denn auch Diejenigen, die
Kunst geniessen wollen, schon ihrerseits etwas Mit-
schaffende sein müssen und am besten sich mit den Ab-
sichten der Künstler beschäftigen, die das jeweils vor-
liegende Werk ausspricht. Sie müssen das Produktive,
Erregende des Künstlers auffangen und in sich weiter-
schaffen können, oder wenigstens wollen — dann wird
ein Kunstwerk in ihnen lebendig werden!

Das Werk ist es an sich nicht...............

Wollen wir aber nicht mit- und dadurch weiter-
schaffen, so bleibt das Schönste leer, das Lebendigste
tot. Was ist dann ein Bild, eine Zeichnung: eine Lein-
wand, die man vor Farben nicht mehr sieht, — ein Blatt
Papier, das durch Striche aus der Fasson gebracht ist.

Ich brauche nicht zu sagen, dass Vielen überhaupt
versagt ist, mitzutönen, weil ihre Seele keine Saiten da-
für hat — noch mehr, dass Viele nicht wollen, weil sie
ihre Saiten auf eine bestimmte Tonart gestimmt haben
und ihr eigenes Instrument mit der einen Saite (die
nicht gerade die Paganinis sein muss) zudem für besser
halten. (Zu den Letzteren gehören auch — selbstver-
ständlich mit Ausnahmen — die Herren Künstler selbst.)

Wären nicht im Grunde die Menschen alle etwas
Künstler, so hätte Kunst keinen Zweck, glaube ich.

Sich Begeisterung der Nichtwollenden erzwingen
zu können, ist auch dem Genie nicht möglich."

-&

Schultze-Naumburg hat in Berlin eine permanente
Ausstellung von Innenräumen eröffnet. Was er will und
was er leistet ist ziemlich bekannt; denn er hat sicli
durch seine Bücher dem Publikum mehr vertraut ge-
macht, als mancher seiner Mitstrebenden es konnte.
Man soll seine nicht erfindende, ganz auf Tradition ge-
stellte, ja, oft nur das gute Altväterliche kopierende
Architektenthätigkeit gewiss nicht überschätzen; aber
es ist Pflicht ihr den Beifall nicht zu versagen, den ihre
gesunde Sachlichkeit verdient. Der Künstler sagte neu-

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