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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 54.1903-1904

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Berlepsch-Valendas, Hans E. von: Zur Frage der Errichtung von Lehrwerkstätten
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https://doi.org/10.11588/diglit.7291#0238

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Die Frage der Errichtung von Lehrwerkstätten.

4;5. Entwurf zu einem Ainderschlafzinnner; ans den Mcrkstättcn von A. j) össen b ach er, München.
Ansgeführt für ein Münchener jdrivathaus; eingebaute 5chränke weiß lackiert, Möbel in geräuchertem Eichenholz,

Bettlade mit Lederfüllung, Fries farbig fchabloniert.

das Gebiet der Maschine und verkennt damit ihren
Zweck von Grund aus. Das kommt in den meisten
Fällen daher, daß der Entwerfende die Bedingungen
der maschinellen Produktion nicht kennt. Der künst-
lerischeit Produktivität wird auf diese Weise die aller-
fatalste Aonkurrenz bereitet, sie wird herabgewürdigt,
ihre Wertschätzung verliert in den Augen des Ge-
fchmac^sungebildeten. Als solche aber muß leider
der weitaus größte Teil nicht der unteren Volks-
schichten, sondern der tonangebenden Gesellschaftskreise
bezeichnet werden.

Die Landarbeit aber, der zuliebe solche Lehr-
werkstätten entstehen, sie muß den Stempel der Unab-
hängigkeit im vollsten Umße sich erringen und dazu
beitragen, die im allgemeinen stark gesunkene Ach-
tung vov der Verinnerlichung, die jede echte und gute
Arbeit von ihren: Verfertiger fordert, wieder auf
jene Höhe zu bringen, die sie verdient, sofern sie
eigenartiges Geistesprodukt und nicht bloße Anleh-
nung an berühmte Vorbilder ist. Alles falsche Surro-

gatwesen, das sich allinählich eingebürgert hat und
den äußerlichen Scheinprunk an die Stelle wirklicher
Gediegenheit setzt, sei von diesen Stätten der idealen
Arbeit grundsätzlich verbannt; denn das, was auf
diesem Gebiete unter scheinbarer Aufwendung der
höchsten Alittel geleistet worden ist, gehört nicht selten
mit zu den größten Lügen unserer Zeit. Gewinnen
wir die innerliche Tüchtigkeit zurück, so wird sich uns
auch das richtige Ausdrucksmittel zur Seite stellen,
ohne daß der abgegriffene Stilkatechismus dabei in
Frage kommt.

Wenn nun die Schaffung von derartigen Lehr-
werkstätten angestrebt wird, so fällt der von seiten
mancher Industriellen erhobene, offenbar aus Ge-
fühlen wenig idaler Art entsprungene Vorwurf der
Aonkurrenz ganz von selbst in sich zusammen. Vicht
um Tinkomniensinteressen handelt es sich dabei, nein,
der Arbeit soll im großen ganzen ein gewisser ver-
antwortungsvoller Zug gegeben, es muß der (Qualität
der Leistungen endlich wieder einmal Beachtung

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