Das Schicksal des Heidelberger Schlosses.
sagt st — im Sinne der Erhaltung der äußeren
Erscheinung einfach so gut wie eine neue
Fassade. Wenn das die Frucht der edlen Be-
strebungen wäre, dann würden wir es doch vor-
ziehen, den Neubau denjenigen unserer Enkel zu
überlassen, die durch den endlichen Einsturz oder
durch eine allzu weitgehende Verwitterung der äußeren
Haut der Fassade in die unmittelbare und zwingende
Notwendigkeit dazu versetzt werden. — — Daß der
Verwitterungsprozeß (der Fassade) auch nur einen
Augenblick durch das Dach hintangehalten werden
konnte, ist unmöglich."
Thodcs Aufsatz hat erfreulicherweise auch bereits
in der badischen II. Aammer die Aufmerksamkeit
erregt und wenigstens insofern klärend gewirkt als
man jetzt mit Sicherheit über die ablehnende
Haltung des Stadtoberhauptes, der Universität und
der Bürgerschaft Heidelbergs unterrichtet ist. „Trotz
alledem" — schreibt die ,Südd. Bauzeitung' — „ist
zu befürchten, daß der Prophet in der Aammer mit
,der Verglasung und Bedachung des Otto-
Heinrich baues' recht behält und daß die Giebel
als Gewichtssteine zum Halt auf die schwankend
geerdeten Mauern gesetzt werden.-Aber im
Ernste wird doch kein Techniker, der den Bau etwas
näher kennt, die Ansicht verteidigen wollen, daß er
nur durch Neubau gerettet werden könne." Ein
Neubau würde doch nur eine „Verfälschung" dar-
stellen, „von der sich spätere Geschlechter mit Achsel-
zucken abwenden würden mit dem Bemerken, das
ist ein totes Werk, keine Griginalschöpfung, eine
Restauration aus den: 20. Jahrhundert, sie spiegelt
den Geist wieder, den man damals begriff und nicht
den der alten Aunst".
Thode kann den Glauben, daß die Technik
Alittel ausfindig machen könne, die eine längere
Erhaltung der Ruine verbürgen, nicht aufgeben und
stimmt dem Vorschlag des Landtagsabgeordneten
Obkircher bei, der auf die Ausschreibung einer dies-
bezüglichen Aonkurrenz hinzielt. Gegenüber der Be-
fürchtung, daß wirklich die Fassade ohne
inneren Ausbau und ohne Bedachung nicht
zu retten sei — was aber (unserer Mei-
nung nach) durchaus nicht gleichbedeutend
ist mit der Behauptung, daß durch die
genannten Hilfsmittel die Fassade auch
wirklich gerettet wird — hält Thode seine
Worte aus der Aonferenz von fstOf auf-
recht: „lieber die Fassade durch Wind und
Wetter zugrunde gehen lassen, als sie gleich
dem Friedrichsbau ausgebessert und erneuert
5;6
*) Mannheim, I. Bensheimer, (Y02, S. 8.
5:5. Gürtelschließe von K. Hees,
München; (Silber; Blätter vergoldet,
Pfauenschweis Perlmutter; fast wirkt. Größe). Muster gesch.
und gar mit Giebeln ausgestattet aufrecht erhalten.
Besser ein ehrlicher Tod als ein künstliches Scheinleben
,Denn was dein Tod verfallen ist, ist nicht am Leben
zu erhalten?"
Unwiderleglich treffend bezeichnet Thode derartige
Erneuerungen als —• wohlgemeinte — Fälschungen,
zumal keine zweckliche Notwendigkeit, z. B. Aus-
gestaltung des Schlosses zu einer Residenz des Groß-
herzogs von Baden (in welchem Fall der Bau als
ein Lebendes behandelt werden dürfte) vorliegt.
„Schon der Umstand, daß eine Wahl zwischen drei
Projekten möglich ist, schließt eigentlich von vorn-
herein jeden Gedanken an eine Rekonstruktion aus."
Die Pietät verbietet geradezu die Wiederherstellung,
welche im vorliegenden Falle einer Abtötung gleich
käme. „.Dauernde Erhaltung durch Re-
staurierung' ist ein Wahn, und ein Wahn
der Glaube, dadurch pietätvoll sich zu er-
weisen. Die Pietät erfordert, Großes groß
zugrunde gehen zu lassen und nicht durch
lügnerische Vorspielungen es seiner tra-
gischen Wirkung zu berauben, die von
größter Bedeutung ist, indes das hohle,
Gürtelschließe von Konrad Schneider, München; Silber,
weise vergoldet (nicht ganz wirk!. Größe). Muster gesch.
282
sagt st — im Sinne der Erhaltung der äußeren
Erscheinung einfach so gut wie eine neue
Fassade. Wenn das die Frucht der edlen Be-
strebungen wäre, dann würden wir es doch vor-
ziehen, den Neubau denjenigen unserer Enkel zu
überlassen, die durch den endlichen Einsturz oder
durch eine allzu weitgehende Verwitterung der äußeren
Haut der Fassade in die unmittelbare und zwingende
Notwendigkeit dazu versetzt werden. — — Daß der
Verwitterungsprozeß (der Fassade) auch nur einen
Augenblick durch das Dach hintangehalten werden
konnte, ist unmöglich."
Thodcs Aufsatz hat erfreulicherweise auch bereits
in der badischen II. Aammer die Aufmerksamkeit
erregt und wenigstens insofern klärend gewirkt als
man jetzt mit Sicherheit über die ablehnende
Haltung des Stadtoberhauptes, der Universität und
der Bürgerschaft Heidelbergs unterrichtet ist. „Trotz
alledem" — schreibt die ,Südd. Bauzeitung' — „ist
zu befürchten, daß der Prophet in der Aammer mit
,der Verglasung und Bedachung des Otto-
Heinrich baues' recht behält und daß die Giebel
als Gewichtssteine zum Halt auf die schwankend
geerdeten Mauern gesetzt werden.-Aber im
Ernste wird doch kein Techniker, der den Bau etwas
näher kennt, die Ansicht verteidigen wollen, daß er
nur durch Neubau gerettet werden könne." Ein
Neubau würde doch nur eine „Verfälschung" dar-
stellen, „von der sich spätere Geschlechter mit Achsel-
zucken abwenden würden mit dem Bemerken, das
ist ein totes Werk, keine Griginalschöpfung, eine
Restauration aus den: 20. Jahrhundert, sie spiegelt
den Geist wieder, den man damals begriff und nicht
den der alten Aunst".
Thode kann den Glauben, daß die Technik
Alittel ausfindig machen könne, die eine längere
Erhaltung der Ruine verbürgen, nicht aufgeben und
stimmt dem Vorschlag des Landtagsabgeordneten
Obkircher bei, der auf die Ausschreibung einer dies-
bezüglichen Aonkurrenz hinzielt. Gegenüber der Be-
fürchtung, daß wirklich die Fassade ohne
inneren Ausbau und ohne Bedachung nicht
zu retten sei — was aber (unserer Mei-
nung nach) durchaus nicht gleichbedeutend
ist mit der Behauptung, daß durch die
genannten Hilfsmittel die Fassade auch
wirklich gerettet wird — hält Thode seine
Worte aus der Aonferenz von fstOf auf-
recht: „lieber die Fassade durch Wind und
Wetter zugrunde gehen lassen, als sie gleich
dem Friedrichsbau ausgebessert und erneuert
5;6
*) Mannheim, I. Bensheimer, (Y02, S. 8.
5:5. Gürtelschließe von K. Hees,
München; (Silber; Blätter vergoldet,
Pfauenschweis Perlmutter; fast wirkt. Größe). Muster gesch.
und gar mit Giebeln ausgestattet aufrecht erhalten.
Besser ein ehrlicher Tod als ein künstliches Scheinleben
,Denn was dein Tod verfallen ist, ist nicht am Leben
zu erhalten?"
Unwiderleglich treffend bezeichnet Thode derartige
Erneuerungen als —• wohlgemeinte — Fälschungen,
zumal keine zweckliche Notwendigkeit, z. B. Aus-
gestaltung des Schlosses zu einer Residenz des Groß-
herzogs von Baden (in welchem Fall der Bau als
ein Lebendes behandelt werden dürfte) vorliegt.
„Schon der Umstand, daß eine Wahl zwischen drei
Projekten möglich ist, schließt eigentlich von vorn-
herein jeden Gedanken an eine Rekonstruktion aus."
Die Pietät verbietet geradezu die Wiederherstellung,
welche im vorliegenden Falle einer Abtötung gleich
käme. „.Dauernde Erhaltung durch Re-
staurierung' ist ein Wahn, und ein Wahn
der Glaube, dadurch pietätvoll sich zu er-
weisen. Die Pietät erfordert, Großes groß
zugrunde gehen zu lassen und nicht durch
lügnerische Vorspielungen es seiner tra-
gischen Wirkung zu berauben, die von
größter Bedeutung ist, indes das hohle,
Gürtelschließe von Konrad Schneider, München; Silber,
weise vergoldet (nicht ganz wirk!. Größe). Muster gesch.
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