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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 15.1935

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Heft 1 (Januar 1935)
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Kampfhausen, Alfred: Bildnerische Erziehung als Voraussetzung neuer Formkultur: ein Beitrag von Seiten der Volkstumspflege
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https://doi.org/10.11588/diglit.28171#0006

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m. «°mph°chn MlönlllM lkrzlchung als VomuLchung

nrull borlnlullur» / e>n sntt°g oon Stlim ölr Lo>ro!nmsps>lgi

ic Rlagc über ben Tücfstand formschöpferischcn
Handwerks und übcr den Mangcl eincr Ei§en-
form inncrhalb des Volkes ist nicht erst von
gestern. Scit mehr als zwci Gencrationen müht
man sich um eine Lcsscrung dcs Zustandes, deffen folgen-
fchwerc Auswirkung auf die innere Haltung des Volkes
man bald erkannte. So standen neben den Rreisen, dic den
Vcrlust bildcnder Formkraft im Volke mit cinem Aus-
druck des Bedauerns nur ;ur Rcnntnis nahmen, diejenigen,
die neuc Grundlagen legen wollten. Alle nur denkbaren
Formen wurdcn in Fachschulen, Sammlungen und Ver-
öffentlichungcn dem Handwerk dargcreicht. wenn auch da«
hinter der wunsch stand, daß es sich an Hand dieser Rrük-
kcn ;u neuem cigencn Vermögen durch universale Form-
kenntnis finden möge, so kam cs bestenfalls lediglich ;um
vernichrten tcchnischen Rönnen. Im Durchschnitt aber
führte es;u ciner hoffnungsloscn Vcrwirrung und ;u den
fatalsten Ronglomcraten. Nach dicsem Fehlschlag fanden
sich kleinc Gruppcn von künstlcrisch Gnteressierten, die aus
ciner höhcren Bildungsschicht hervorgingen und durch ein-
faches, vorbildliches Schaffen mit möglichster Eigenform
;urückwirken wollen. Das Ergebnis war das Runstgewerbe,
ein weder Runst noch Handwcrk, das cbcnso heimatlos war
wie die Ergebniffe der vorherigen Er;iehung und in eini-
gen Ästhctenkreisen untcrging. Es war der wohlbekannte
Fehler, Symptome ausmcr;en ;u wollcn, während man die
Ursachen auf srch beruhen ließ. Einc der Ursachen aber war
der Verlust früherer Gemeinschaftsbindung, die aus der
Summe der Vielen ein höhcres Neucs bildete, das Form-
kraft nach unten strahlte und srch im gemeinsamen Stil
äußertc. Diese Formkraft aus der Gemcinfchaft, die bis
dahin jedem ein;elnen Glied Sicherheit im Bilden und
wählen gegeben hatte, eine Sicherheit, die ecerbt wurde
ünd befähigte, ältestes Urgut des Volkstums ;u wahren,
ging weiterhin noch dadurch ;u Grunde, daß die in den
Ein;elnen hineingeborene Gabe, die Eigenform, die gleich-
;eitig Form seiner GemeiNfchaft war, während der Er-
;iehung durch Schule, Lehre und vieles andere unberück-
sichtigt blieb, fremde Bildungsgüter verwirrten, und schon
dcr junge Mensch auf Bahnrn gebracht wurde, die seinem
Erbe nicht gcmäß waren tznd zur Unwahrheit führten, die
für die ;weite HÄfte des ip. Aahrhunderts und die Vor-
kriegs;eit so kennzeichnend ist. ^

' Deshalb geht Ysüte der Ruf, das Formgefühl des Volkes
aus seinen eigenen Rräften wieder ;u stärken. Er wird
dringlicher noch, wenn bedächt wird, däß die im umgeben-
den Lebcnsraum geschaffene <sorm auf die innere Haltstng
< des Menschen ;tzruchwirkt,und sie ein Gradmeffer seines
wertes ist. Hebuug und Förderung der Hausfleißberve-
gung, der Srlbstgrstaltuüg des Rleid- und Hausschmucks,
Nesserung des scbaffenden Handwerks vom Stoff her utzd
Mrkeve Vlutzung dU Etgentraditton sntd bie iünneeMchG-

wo es noch möglich ist, bei der Iugend. Man kann dcr
älteren Generation Ratschläge erteilen, die befolgt oder
nicht befolgt werden, ;u eigenschöpferischer Handlung im
Sinne des Blutgemäßen wird man sie kaum mehr leiten
können, da sie in der Vergangenheit ;u sehr infi;iert ist,
um wieder ;ur Sicherheit ;u kommen. Aber sie muß an-
gehalten werdcn, der Iugend nicht das Gleiche an;utun,
was ihr selbst einst angetan ist, sondern der Stimmc des
Blutes achten und ihr ;ur Aussprache verhelfen, sie nicht
mit Fremdgut Lberdecken und schließlich ersticken.

Es ist einc Ehrfurcht heischende Rraft im Rinde, — ein-
sichtige pädagogen wiffen davon ;u ;eugen, — mit unbc-
wußter Sicherheit uraltes Vermögen, das sich einst in dcr
Volkskunst aussprach, immer wieder ;ur geäußerten Form
-tzl bringen. In Farbcnfrischc und Liniensprache, in Flächen-
wert und Raumfüllung wird das Urgut, das sich immer
wieder im Biidcn des Volkes auswirkt, im Schaffen dcs
Rindes neu geboren. Ammcr wieder ist man von der Rlang-
fülle und ineren Größe diescr ewig neuen und gleich;eitig
;citlose» Er;cugniffe übcrrascht. Aber meist wird dieser
;arte Reim crdrückt, indem artfremdes Bildungsgut dem
Rinde aufge;wungen wird, indem man kitschig ausge;ier-
tes Gcrät den Rindern in die Hand gibt oder sich um dic
schlechtc, in Form und Farbe verlogene Umgebung nicht
kümmert, rrnd so das Rind in eine Unwährheit gegen sich
selbst hineingleiten läßt. Die Voraussetzung ;u neuer Form-
kraft im Hausfleiß, in dem sich ein Stück Seelc aussprr-
chen und auf den Gebraucher ;urück;eugen soll, ist aber
dic pflege dieser Anlage im Rinde. Da liegt die große Be-
deutung der neuen bildnerischen Er;ichung. Sie soll ;um
wahrbleiben führcn und ;ur arteigenen Form verhelfen.
Daß das Gefühl für das Materialgemäße, für GuaUtät
-dabei ;u pflegen Lst, dürfte sich von selbst verstehen. wenn
Matcrial und Technik schon gewiffe Bindungen bringen
und ;ur großcn, einfach konturierten Form leiten, etwa
bei Stickarbeiten, dann ist das eine wesentliche Hilfe. Das
vor 100 Iahren in den Schulen noch Ubliche Sticktuch war
ein solches Er;iehüngsmittel, und der Volkskundler weiß,
wievicl werte in cinem solch hescheidenen, scheiübar so un-
beholfenen Stück liegcn. Ein Hinführen ;u diesem innerlich
großen, farbklaren Gestalten, das gan; aus dcr Eigenart
des Schaffenden wächst und gleich^itig auch infolge seinrr
rlatürlichkeit altester Uberlieferung rntspricht, ist d ^ ^
ausscyung ;u einer neuen Haüsflejßkultur und F«i
;u neuer GemcinschaftsforM überhäupt.

Uber die volkswirtschaftliche Dtdeutung des Hau
von der die Erfolge in JtalieN/HnIngarn, in heW
. in Schweden und vlorwegetz -eagen, braucht his'
sprochen ;u werden. Hier soll ledigl-ch die kttk
deutuNg Lngedeutet wexdMWie schüpfcrische Mis
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