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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 15.1935

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Heft 1 (Januar 1935)
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Seibold, Karl: Nationalchor und Musische Erziehung
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https://doi.org/10.11588/diglit.28171#0016

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dcr Ahncn stärkcn und damit das Fundamcnt ;u einem
zcitgenösstschcn, kiroßgestnnten heroischcn Theater legen.
Die Form seines Spieles „Der 14. Iuli" ist kein Drama
im eiyentlichcn Sinn, sondcrn ein Volksfest mit Musik
und Tanz; dcr Dichtcr wolltc hier nicht dramatischc Er-
regung, sondern Ekstasc und am Schluß des Stiickes
Ucherwindung des Dheaters und rcstlosc Vereinigun§ des
zuhörcndcn Volkes mit scinem geschauten Bild auf der
Bühnc. Das Schlußmanifcst des StUckes solltc wic ein
zündendcr Funke auf dic Zuschaucr Uberspringen, dic allc
erAriffcn von der Idec ihrer einstiAen Volkwerdung aus
dem Bild der VerganAcnheit dic Ronsequenz ziehen fUr
dasi Lcben der Gcgenwart und in dyonisischem Rausch dic
Feier mit flammcnden Iubclchören beschließen. Rollands
dramatischc Arbcit wurde von seiner Zeit und scinem
Volkc völlig vcrkannt, uns Dcutschc berUhren seine Stoffc
nicht; aber seinc BemUhungen um ein heroisches Drama
des volkes mittcn im wust der französischen Gcscllschafts-
stucke, warcn kämpferisch und §roß und einsamc Schrittc
auf dcm von Schiller degonnenen weg.

In Dcutschland leistete Hans Brandcnburg schon vor
dem wcltkrieg hervorragcndc pionierarbeit um das wer-
den eincs ncuen kultischen Lhordramas, das er tänzerisch
tragisch, zelebrierend hcißt, deffen Handlung nicht episch
motiviert und psychologjsicrcnd sein dUrfe, sondern immer
in Mythos, Spiel, Zercmonie, festlicher Handlung bestehe.
Er vcrlangt fUr dieses chorische Drama Aktion statt Akti-
vität, er hofst nach dem weltkrieg, daß MUnchen der ge-
gebene Boden sei für ncue fcstliche Darstellungsformen in
Tanz, Ton und wort und erkennt lange vor dem nario-
nalen Aufbruch, daß die deutsche chorische Sendung allein
in der Entbolschewisierung des Rollektivmenschen zum Ge-
meinschaftsmenschen liege, in der endlichcn Versöhnung von
Volk und Bildung.

Dic Volkwerdung dcr Deutschcn unter Adolf Hitler
hat endlich den Ackerboden umgebrochen, aus dem das
Theater des Volkes, das kultisch-chorischc Festspiel dcr
Nation erwachsen kann. Über ein Iahrhundert ersehnt,
erkämpft und nic erreicht, soll cs nun Stein für Stein
aufgebaut werden. Der Staat selbst gibt für seine Schaf-
fung dic parole aus und nimmt damit die ZUgel für die
Erzichung des Volkes zur nationalsozialistischen welt-
anschauung, für die charakterliche, sozial-ethische und ästhe-
tische Ausrichtung der Volksgenoffen in seine festen Hände.

wir crhoffen den großen dcutschen Dramatiker, deni
die Sicht und Gcstaltung des kultischen Lhordramas ge-
lingt, wir erhoffcn dic Grganisation, Schulung und Er-
ziehung jener großen Laienspielchöre, die als Sprech-,
Sing- und Bewegungschöre ihre Aufgabe im Theater des
Volkes zu erfüllen haben und glauben dennoch, daß das
ueue kultische Theater nicht den aufrüttelnden widcrhall
in der breiten Maffe der Volksgenoffen findet, wenn nicht
die Iugend planmäßig für diese neue Form nationalen
Lebens erzogen wird. Es sei hier ein Vergleich mit den
Rultformen der katholischen Rirchc gestattet. Das Gpfer
am Altar Mit der weihehandlung des pricsters, mit den
Responsoricn der Meßdicner, mit den Begleitgesängen
des Rirchenchores, den wechselgebeten und Litancien der
Mönche würdc trotz der täglichen wiederholung ohne aus-
reichende V?irkung auf die Gläubigen sein, wenn nicht dirse
selbst zum Verständnis dieses Rultes erzogen und in be-
stimmten Formen der aktiven Teilnahme daran von Rinds-
beinen an Ängeiibt wären. So ergibt sich die Forderung
nach musischer Erziehung der Iugend im Hinblick auf die
tätige und verstcliendc Anteilnahme an den tzroßen kulti-
schen Feiern der Nation.

Dcr ,KI. fallt hier einc gewichtige Aufgabe ;u, wre sie

ziehung natürlich, ungczwungen und zielsicher von scll
ergibt. Dic pflcgc dcs Sprcchchores, des Singchores u
der rhythmischcn Bcwegung muß einerseits alle 2>ung
crfassen, andcrcrscits aber in Anlehnung an die entstehc
dcn Gruppcn dcs Nationalchores bei einer besonders
schulendcn HA.-Vrganisation mit Blickrichtung auf t!
Aufgabcn des Rultdramas und nationalen Festspiels dun
gcführt werden.

Abcr auch dic Schule wird die musische Erziehung
ihrcn Lehr- und Erziehungsplan aufnehmen müffen, dc;
einmal obliegt ihr die technische Seite der musischen ik
zichung, Sprech-, Sing- und Bcwegungsschulung, zum ant
ren abcr, wollte sic nicht wiedcr den Vorwurf auf si
nehmcn, ein halbcr Frcmdkörper im Grganismus d
nationalen Lebcns ;u sein, muß die Schule um ihrer sell
willcn, um ihrcr Aufgabe im ncuen Staate gerecht ;u wc
den, die musische Erziehung einbauen; denn gerade dur
sie crhält sie Vcrbindung mit den Ubrigen Erziehuno
/ mächten und Antcil am gesamten Leben der Nation,
ihrcm Schicksal, ihrcn völkischen Ausdrucksformen u>
kultischen Festen.

Die musische Erziehung in der Schule hat somit rch
Aufgabcn zu crfüllen:

I.Sie Ubcrnimmt im Zusammenhang mit Geschichte u>
Leibeserziehung die politischc Erziehung und charaktc
lichc prägung dcr Schüler. Die Geschichte, als Rer
sach der gesamtcn nationalpolitischen Erziehung gi
das wcrdcn dcs dcutschen Schicksals ;u erkennen, leh
dic deutsche Vergangcnheit von der Gegenwart aus l
urteilen und erzieht ;u Einsatz und Gpfer für Vatc
lands- und Volksschicksal. Die Leibeserziehung pflö
ncben der Formung und Stählung des Rörpers bcso
ders jenc Tugenden, dic der neue Staat von ei
Rämpfernatur verlangt und die wir als heroischc
zeichnen, als das sind: Selbstvertrauen, Verschwieg>
keit, Treue und Gpferwilligkeit, Verantwortungsfreul
und Gchorsam, vor allem abcr willens- und Entschl
krast, Angrisssgeist, Mut und nationalen Stolz.
cinem sichcren Erfolg in der prägung des Lharaktcl
scheint uns aber weder die geistige Führung, wic
der Geschichte obliegt, noch die körperlich und rassis
Züchtung, wie sie Leibesübungen erstreben, ;u führ>
wenn diese Disziplinen nicht begleitet werden durch ek
System von übungen, die gleichzeitig bewußt Gesinnu
und Lharakterschulen und Zucht der Ehre, der sittlich
Haltung, des Bekennermutes in allen öffentlichen u
politischen Angelegenheiten bedeuten, kurz gesagt, d.
Ethos des neucn deutschen Menschen prägen. wir
zeichnen dieses Übungssystem als musische Erziehun
weil es sich der drei rhythmisch-chorischen Rünste, d
Lhorgesangs, des Sprechchors und der Gymnastik b>
dient. Ein starkes tragsähiges Vlationalbcwußtsein wi>
durch diese musischen übungen deshalb geweckt, geforr
und gezüchtet, weil sie im Dienst einer völkischen Ad
stehen, nicht gelehrt, sondern dargestellt werden und m
ihrem Gehalt dcswegen unmittelbar bildend zur Au
wirkuiig kommen. Musische Erziehung ist also Lharc
- terschulung und Seelenzucht durch Anwendung der cho>
schen RUnstc im Dienste einer völkischen Jdee und bca
sichtigt die Formung und Züchtung eines neuen deutsch,
Ethos. '

r. 7>n Zusammenhang mit den Feiergeftaltungen der N>
tion und dcr HI. und in fchuleigenen Feicrn foll d
musifchc Erziehung die Vcrbindung herstellen mit d>
Volksgemeinschaft. Sie übernimmt deshalb, nicht z>
leyt um durch die Rinder die Eltern in den Bannkre
des vorzubereitendcn kultischen Festes ;u zwingen, d
Einstudierung von Sprech- und Singchören, von Rck
gentänzen usw. für die Festgestaltungen der Lhingplätz
iz. Als Vorbereitung fUr die kultisch-chorischen Aufgabe
sdie in der HI, und später im Leben der vlatiofl hera
treten, obliegt der musischen Erziehung dic technisü
Ausbildung und Schulung im Sprechcn, Singen vnd
der rhythmifchen,Dewegüng. ^

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