Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend
— N.F. 15.1935
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https://doi.org/10.11588/diglit.28171#0146
DOI Heft:
Heft 6 (Juni 1935)
DOI Artikel:Stier, Albert: Joh. Seb. Bachs Wirken in Weimar
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von 3eit )U Zeit hinaus in t>ic "tVclt, »»0 nun kam rc
in kunstliebende Städtc wic Hallc, 2laffcl, Lcipzic! und
Dresden, wo er übcrall durch scin bczaubcrndcs Ü>ritcl'
spiel bewundcrt wurdc. 2>ci scincm Auscnthalt in Drcs<
den (Herbst 1717) lerntc cr dcn bcdcutcndcn franzö-
sischen Virtuoscn 7>can Louis Nlarchand
kennen und forderte ihn ;u eincm musikalischcn wcttstrcit
auf. Ieder oon ihnen solltc cin ihm gcstclltcs Thcma aus
dem Stegreif frei bearbcitcn. 2lls ü>rt dcs wcttkampfcs
hatte man das Haus des Grafcn von Flcmminc! gcwählt.
Dcr Franzose sagte auch ;u, cinc c,Iän;cnde Gescllschaft
erschien des Abends, Bach war auch ;ur Stcllc, nur Mar-
chand hatte die Flucht ergriffcn, da cr schon am Dage
heimlich den thüringischcn Uiusikcr gchört hattc und cr<
kannte, daß er sich nie mit dem dcutschcn Ricscngcistc auf
mustkalischem Gebietc vcrgleichcn könnc. Das war fiir
die deutsche Runst ein wcndcpunkt, dcnn von nun an
war die Herrschaft dcr fran;ösischcn und italicnischcn
Musik an den deutschcn Thcatcrn gcbrochen, und unserm
Bach gebührt auch hierin dcr Ruhm, bahnbrechcnd für
deutsches wcsen und deutschc Runst gcwcscn ;u scin. Ein
neues deutsches Runst;eitaltcr brach nun endlich an, und
Bach stcht als unverrückbare, nie wankende Säule am
Ansaiiki ciner für uns so innerlich reichen Entwickelung.
wcnn wir rückschauend auf die kur;e Zeit blicken, die
dcr Mcistcr in dcr klcinen Residen; verlebte, so sind wir
nicht nur crstaunt übcr die hohe Zahl sciner werke, fon-
dcrn vor allcm auch über die unvcrgleichlich inneren
wcrtc scincr aus eincr rein dcutschen Seele hervorquel-
lcndcn Schöpfungen. Hier im vorklassischen weimar
legtc cr dcn Grundstcin zu seinen spätcren Meisterwerken,
dcm wohltcmpcricrten Rlavier, der Runst der Fuge und
dcn ;wci gcwaltigen passionen: der Matthäus- und der
Iolianncspassion, die sämtlich den göttlichen Stempel der
Ewigkcit an sich tragen Und als unerreichbare Riesengipfel
auch hcutc noch von der ganzen Rulturwelt gefeiert und
immcr aufs ncuc bewundert werden. So darf sich also
dic Gocthe-Schiller-Stadt rühmen, auch in Bezug auf die
deutschc Musik dem größten Genius eine freundliche
Hcimstättc gcwährt ;u haben und es erfüllt sich zum
crsten Malc in dcr Geschichte deutscher Runst das pro<
phctischc wort des Altmeisters Goethe: ,,Ü) weimar,
dir ficl ein besonder L o s ! 'w i e Bethle.
hcm in Iuda klein — und groß!"
Bruno Zwiener-Breslari:
in kunstliebende Städtc wic Hallc, 2laffcl, Lcipzic! und
Dresden, wo er übcrall durch scin bczaubcrndcs Ü>ritcl'
spiel bewundcrt wurdc. 2>ci scincm Auscnthalt in Drcs<
den (Herbst 1717) lerntc cr dcn bcdcutcndcn franzö-
sischen Virtuoscn 7>can Louis Nlarchand
kennen und forderte ihn ;u eincm musikalischcn wcttstrcit
auf. Ieder oon ihnen solltc cin ihm gcstclltcs Thcma aus
dem Stegreif frei bearbcitcn. 2lls ü>rt dcs wcttkampfcs
hatte man das Haus des Grafcn von Flcmminc! gcwählt.
Dcr Franzose sagte auch ;u, cinc c,Iän;cnde Gescllschaft
erschien des Abends, Bach war auch ;ur Stcllc, nur Mar-
chand hatte die Flucht ergriffcn, da cr schon am Dage
heimlich den thüringischcn Uiusikcr gchört hattc und cr<
kannte, daß er sich nie mit dem dcutschcn Ricscngcistc auf
mustkalischem Gebietc vcrgleichcn könnc. Das war fiir
die deutsche Runst ein wcndcpunkt, dcnn von nun an
war die Herrschaft dcr fran;ösischcn und italicnischcn
Musik an den deutschcn Thcatcrn gcbrochen, und unserm
Bach gebührt auch hierin dcr Ruhm, bahnbrechcnd für
deutsches wcsen und deutschc Runst gcwcscn ;u scin. Ein
neues deutsches Runst;eitaltcr brach nun endlich an, und
Bach stcht als unverrückbare, nie wankende Säule am
Ansaiiki ciner für uns so innerlich reichen Entwickelung.
wcnn wir rückschauend auf die kur;e Zeit blicken, die
dcr Mcistcr in dcr klcinen Residen; verlebte, so sind wir
nicht nur crstaunt übcr die hohe Zahl sciner werke, fon-
dcrn vor allcm auch über die unvcrgleichlich inneren
wcrtc scincr aus eincr rein dcutschen Seele hervorquel-
lcndcn Schöpfungen. Hier im vorklassischen weimar
legtc cr dcn Grundstcin zu seinen spätcren Meisterwerken,
dcm wohltcmpcricrten Rlavier, der Runst der Fuge und
dcn ;wci gcwaltigen passionen: der Matthäus- und der
Iolianncspassion, die sämtlich den göttlichen Stempel der
Ewigkcit an sich tragen Und als unerreichbare Riesengipfel
auch hcutc noch von der ganzen Rulturwelt gefeiert und
immcr aufs ncuc bewundert werden. So darf sich also
dic Gocthe-Schiller-Stadt rühmen, auch in Bezug auf die
deutschc Musik dem größten Genius eine freundliche
Hcimstättc gcwährt ;u haben und es erfüllt sich zum
crsten Malc in dcr Geschichte deutscher Runst das pro<
phctischc wort des Altmeisters Goethe: ,,Ü) weimar,
dir ficl ein besonder L o s ! 'w i e Bethle.
hcm in Iuda klein — und groß!"
Bruno Zwiener-Breslari: